Graswurzelrevolution
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Die anarchistische Zeitung Graswurzelrevolution bemüht sich seit 1972, Theorie und Praxis der gewaltfreien Revolution zu verbreiten und weiterzuentwickeln […]

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#gwr501 #sabotage #KeinKrieg #diewaffennieder

Inhalt:
die waffen nieder
Die Mitte hält nicht länger

John Holloway: Was machen wir mit unserer Hoffnung, unserer Verzweiflung?
Beitragrf
die waffen nieder
Eine Stimme der Deserteur*innen

...
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#gwr502 #graswurzelrevolution #ki #LibertäreBuchseiten

Titel „Denkmaschine“
Schwerpunkt zu KI: Paradoxer Umgang an Unis; Unselbstständigkeit durch KI?

#ableismus: SALÜ Lüneburg, Kein Sportbad für behinderte Menschen? von @HoernchenCecile
Gespräch von […]

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November 12, 2025 at 8:56 AM
Der lange Schatten des deutschen Kolonialismus

#radiograswurzelrevolution im Gespräch mit dem deutsch-namibischen Politikwissenschaftler Henning Melber

#Kolonialismus #graswurzelrevolution #Radio

Zum Nachhören […]
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November 12, 2025 at 10:11 AM
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#LibertäreBuchseiten Oktober 2025 #graswurzelrevolution
Die Buchrezensinonen sind alle online #libu502

https://www.graswurzel.net/gwr/2025/10/libertaere-buchseiten-4/
Libertäre Buchseiten Herbst 2025
Libus als PDF Ein feministischer Meilenstein – Ella Carina Werner, Juliane Pieper: Der Hahn erläutert unentwegt der Henne, wie man Eier legt Drei feministische Anarchistinnen – Antje Schrupp: Unter allen Umständen frei. Revolutionärer Feminismus bei Victoria Woodhull, Lucy Parsons und Emma Goldman Unberechenbar bleiben! Deserteure – Rolf Cantzen: Deserteure – Die Geschichte von Gewissen, Widerstand und Flucht Eine Geschichte mit dem Rang einer Staatsaffäre – Caroline Michel-Aguirre: Die Gewerkschafterin. Im Räderwerk der Atommafia Oury Jalloh, die Geschichte eines ungeklärten Todes – Margot Overath: Verbrannt in der Polizeizelle. Die verhinderte Aufklärung von Oury Jallohs Tod im Dessauer Polizeirevier Widerstand gegen den Vietnamkrieg – Lou Marin (Hg.): „Hell no, we won’t go!“ 50 Jahre nach dem Ende des Vietnamkriegs: Der antimilitaristische Widerstand in der US-Armee und der US-Zivilgesellschaft Der Anarchosyndikalist Wilhelm Wehner – Norbert Lenhard, Wilhelm Wehner: Anarchist, Syndikalist, Antimilitarist, Freigeist und Naturfreund. Herausgeber: Initiative gegen das Vergessen Die Bedrohung von Minderheiten ist ein Frühwarnsystem – Michael Hunklinger: Wir werden nicht verschwinden. Wie Minderheiten dem Rechtsruck trotzen ecovillage hannover – Hans Mönninghoff (Hg.): ecovillage hannover. Ein Erfahrungsschatz zum Teilen Alles ist Rang? – Eva Stützel: Macht voll verändern Rang und Privilegien in „hierarchiefreien“ Projekten Jenseits des antizionistischen Chors – Frederik Fuß (Hg.): Anarchistische Scheidewege. Zum Verhältnis von Anarchismus und Antisemitismus Der Soziologe und der Captain – Torsten Bewernitz: What would Picard do? Star Trek als Social Fiction „Es wechseln die Zeiten, da hilft keine Gewalt“ – Wolfgang Herdzin Anstiftung zum Frieden 50 Jahre Bauplatzbesetzung Kaiseraugst – Michael Schroeren: Kaiseraugst – Macht von unten gegen Atomkraft von Oben Tierbefreiung und Antikapitalismus – Neo C. Tierbefreiung braucht Antikapitalismus. Ein radikales Plädoyer Peter Kropotkin: Enteignung Die Totgesagten leben noch – Benjamin Bäumer, Peter Barden, Martin Hoffmann et al. (Hrgb.): 50 Jahre Bücherkiste. Eine politisch-literarische Inventur Eine Fundgrube „Alles andere verweht vom Fahrtwind des Planeten“ – Udo Breger: Extraterritorial. Zeiten mit Carl Laszlo Die Urwälder Amazoniens – Sergej Gordon/Miriam Lay Brander (Hg.)Die Urwälder Amazoniens. Lebensräume, Kontaktzonen, Projektionsfelder Der ukrainische Faschist Stepan Bandera – Grzegorz Rossoliński-Liebe: Stepan Bandera – Leben und Kult Magische Haut: Rolf Cantzen Magische Haut. Eine Reliquienverschwörung
www.graswurzel.net
November 12, 2025 at 9:09 AM
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November 12, 2025 at 9:09 AM
#gwr502 #graswurzelrevolution #ki #LibertäreBuchseiten

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Gespräch von […]

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November 12, 2025 at 8:56 AM
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#GWR502, aktuell im Kiosk
ich habe 1 #Rezension zu "die Gewerkschafterin" von Caroline Michel-Aguirre, Übersetzung Eva Stegen, veröffentlicht

Eine Geschichte mit dem Rang einer Staatsaffäre
Die Gewerkschafterin #MaureenKearney im Räderwerk der #Atommafia
October 20, 2025 at 1:06 PM
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Jenseits von Gaza:
Rana Salman ist Geschäftsführerin der israelisch-palästinensischen Graswurzelbewegung „Combatants for Peace“. In der Graswurzelrevolution Nr. 485 berichtete sie unter dem Titel „Auf Feindschaft eingeschworen – jetzt Partner*innen für den Frieden“ über die Arbeit ihrer Organisation. Im folgenden Artikel beschreibt sie die derzeitige Situation in dem seit 1967 von Israel besetzten Westjordanland. (GWR-Red.) Wir saßen im Kreis, versammelt zu einem gemeinsamen Seminar, palästinensische und israelische Aktivist*innen von Combatants for Peace. In diesen Momenten schaffen wir nicht nur Raum für Strategie und Planung, sondern auch für die Wahrheit. Dort, in einem unserer Gesprächskreise, sprach Muneer, ein langjähriger palästinensischer Aktivist aus dem Flüchtlingslager Tulkarem, mit zitternder Stimme. Tränen liefen ihm über das Gesicht, als er von der unerträglichen Last seines täglichen Lebens berichtete. Muneer ist Taxifahrer, Vater von vier Kindern und ein Mann, der mehr als 20 Jahre seines Lebens unserer Bewegung gewidmet hat. „Ich glaube an Gewaltlosigkeit“, sagte er leise, „an Würde und an die Möglichkeit einer Zukunft, die auf Menschlichkeit und nicht auf Hass aufbaut.“ Doch dann hielt er inne, seine Hände zitterten leicht. „Heute spreche ich zu euch nicht nur als Aktivist. Ich spreche zu euch als ein Flüchtling. Wieder einmal.“ Nur wenige Wochen zuvor war Muneer aus seinem Haus im Flüchtlingslager Tulkarem vertrieben worden. Jetzt lebt er als Vertriebener in einer kleinen Mietwohnung außerhalb des Lagers, die mehr kostet, als er sich leisten kann. „Früher habe ich in einer Wohnung gelebt, die mir gehörte“, sagte er uns, „ohne Miete. Es war nicht viel, aber es gehörte uns.“ Das tägliche Leben der Familie ist zu einer ständigen Herausforderung geworden. Und doch war es ein ganz gewöhnlicher Moment der Grausamkeit, der Muneer inmitten dieser Not am meisten erschütterte. Kürzlich wurde er an einem Kontrollpunkt von israelischen Soldaten angehalten. Sie durchsuchten sein Taxi, nahmen das Geld, das er an diesem Tag verdient hatte, und gingen davon. Keine Erklärung. Keine Anschuldigung. Einfach nur Diebstahl, untermauert durch eine Uniform und eine Waffe. „Sie haben mir alles genommen, was ich an diesem Tag verdient habe“, sagte er. „Ich konnte nichts tun“, fuhr er fort. Dies ist kein einmaliges Ereignis. Es handelt sich um ein Muster – eine vorsätzliche und systematische Zerstörung des zivilen Lebens im Westjordanland, insbesondere in den Flüchtlingslagern. Während die Welt ihre Augen in den letzten Monaten verständlicherweise auf den Gazastreifen gerichtet hat, hat sich die langsame und brutale Zerstörung der palästinensischen Flüchtlingslager im Westjordanland in beinahe lautloser Weise beschleunigt. Was in Orten wie Tulkarem, Jenin und Nur Shams geschieht, ist kein Kollateralschaden. Es ist eine Strategie. Erst vor wenigen Monaten startete das israelische Militär eine der größten Operationen im Westjordanland seit der Zweiten Intifada. > _**„Ich glaube immer noch an die Solidarität zwischen Palästinenser*innen und Israelis. Und ich glaube immer noch daran, dass die Menschen auf der ganzen Welt sich kümmern – und handeln werden.“**_ Das Ausmaß der Zerstörung war schockierend. Strom und Wasser wurden abgestellt. Bulldozer wühlten sich durch die Straßen. Drohnen schwebten über der Stadt und Hubschrauber kreisten über dem Himmel. Ganze Stadtteile wurden dem Erdboden gleichgemacht. Nach Berichten der Vereinten Nationen und großer Menschenrechtsorganisationen wurden seit Jahresbeginn mehr als 40.000 Palästinenser*innen aus den Flüchtlingslagern vertrieben. Allein in Tulkarem wurden mehr als zwei Drittel der Häuser entweder zerstört oder unbewohnbar gemacht. Die Geschichte von Muneer ist nur eine von Tausenden. Aber es ist eine, die wir immer wieder erzählen müssen, denn was hier geschieht, ist mehr als eine physische Zerstörung. Es ist ein Angriff auf die Erinnerung. Auf die Zugehörigkeit. Auf die Identität. „Diese Zerstörung ist nicht zufällig“, sagte Muneer. „Sie wollen die Lager auslöschen – und damit auch unsere Geschichte. Unsere eigentliche Existenz als Volk. Wenn sie die Lager zerstören, glauben sie, dass sie die Erinnerung an die Nakba zerstören können.“ 1948, während der Nakba, wurde Muneers Familie, wie Hunderttausende von Palästi-nenser*innen, aus ihrer ursprünglichen Heimat vertrieben. Sie flohen vor Gewalt und Enteignung und bauten sich schließlich im Flüchtlingslager Tulkarem ein neues Leben auf. Jahrzehntelang bauten sie sich aus den Trümmern ein Leben auf: Sie zogen Kinder groß, feierten Hochzeiten und tranken ihren Morgenkaffee in Häusern, die sie mit Hoffnung und Not gemeinsam aufgebaut hatten. „In mehr als dreißig Jahren habe ich mir ein Zuhause geschaffen“, sagte Muneer. „Ein Ort, der mit Wärme, Erinnerung und Bedeutung gefüllt ist. Der Geruch von Kaffee am Morgen. Die Schritte meiner Kinder. Die Stimme meiner Frau, die sie zum Essen ruft. Das waren nicht nur Erinnerungen – das war unser Leben.“ Jetzt ist all das weggerissen worden. Und die Hindernisse für eine Rückkehr sind nicht nur physischer Natur. Wie viele andere darf auch Muneer sein Lager nur mit Erlaubnis des israelischen Militärs wieder betreten – eine Erlaubnis, die fast nie erteilt wird. Was bedeutet es, zweimal im Leben ein Geflüchteter zu sein? Die Vertreibung über Generationen hinweg zu ertragen? Was bedeutet es, wieder aufzubauen, obwohl man weiß, dass alles wieder zerstört werden kann, ohne Vorwarnung oder Regressansprüche? Bei Combatants for Peace, einer Basisbewegung von Palästinenser*innen und Israelis, die sich gemeinsam für die Beendigung der Besatzung und eine gerechte Lösung für das Land einsetzen, weigern wir uns, die Vorstellung zu akzeptieren, dass Vertreibung, Zerstörung und Krieg unvermeidlich sind. Wahrer Frieden wird durch einen politischen Prozess entstehen. Wir werden im Angesicht der Ungerechtigkeit nicht schweigen Wir stehen zusammen, Palästi-nenser*innen und Israelis, um die Würde, die Gleichheit und die Menschlichkeit aller Menschen zu wahren. Aus diesem Grund handeln wir. Gemeinsam – Palästinen-ser*innen und Israelis – verteilen wir Soforthilfepakete an vertriebene Familien. Diese Taten der Fürsorge sind mehr als Wohltätigkeit. Sie sind Widerstand. Der gemeinsame Kampf ist nicht einfach. Aber er ist unerlässlich. Jedes Mal, wenn ein Israeli einem Palästinenser im Protest, in der Trauer, in der Hoffnung zur Seite steht, ist das ein Akt des Widerstands gegen das System, das versucht, uns zu spalten. Muneer glaubt trotz allem noch immer an diese gemeinsame Zukunft. Er beendete seine Aussage mit einer Stimme, die von Liebe, nicht von Hass geprägt war. „Dennoch habe ich die Hoffnung nicht verloren. Ich glaube immer noch an die Solidarität zwischen Palästinenser*innen und Israelis. Und ich glaube immer noch daran, dass die Menschen auf der ganzen Welt sich kümmern – und handeln werden.“ Wir können es uns nicht leisten, dies zu ignorieren. **Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Graswurzelrevolution. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es _hier._** ###### **Wir freuen uns auch über Spenden auf unserSpendenkonto.** Übersetzung aus dem Englischen: Bernd Drücke Kontakt zu den Combatants for Peace: https://cfpeace.org Leitartikel
www.graswurzel.net
October 20, 2025 at 12:25 PM
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Kein #Sportbad für behinderte Menschen?

Zahlreiche Barrieren behindern Teilhabe in der #Salztherme #Lüneburg

ich habe recherchiert und Kommentiert
Der Artikel ist in der GWR502 (Oktober) Printausgabe erschienen
#Barrierefreiheit #Salue
#GWR502 @graswurzelrevolution.dju.social.ap.brid.gy
SaLü: Kein Sportbad für behinderte Menschen?
Zahlreiche Barrieren behindern Teilhabe in der Salztherme Lüneburg
blog.eichhoernchen.fr
October 16, 2025 at 3:18 PM
#gwr501 #sabotage #KeinKrieg #diewaffennieder

Inhalt:
die waffen nieder
Die Mitte hält nicht länger

John Holloway: Was machen wir mit unserer Hoffnung, unserer Verzweiflung?
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die waffen nieder
Eine Stimme der Deserteur*innen

...
September 30, 2025 at 6:45 PM
#graswurzel
#kriegsdienstverweigerung
#desertion #asyl
#Trauer #tod

GWR trauert um Rudi Friedrich

Die Graswurzelrevolution trauert um ihren Freund, langjährigen Autor und Mitstreiter Rudi Friedrich

19. Juli 2025 | Franz Nadler für das Connection-Team […]
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dju.social
August 3, 2025 at 2:48 PM
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Ausagbe 500 !!! #gwr500
ie Graswurzelrevolution Nr. 500 (Sommer 2025) u.a. mit einem Schwerpunkt „500 Jahre Graswurzelrevolution - Geschichte, Utopie, Perspektiven“ bekommt Ihr im Bahnhofskiosk, Buchladen, in Infoläden, linken Kneipen & Zentren oder - am besten - […]

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June 11, 2025 at 7:49 PM
Ausagbe 500 !!! #gwr500
ie Graswurzelrevolution Nr. 500 (Sommer 2025) u.a. mit einem Schwerpunkt „500 Jahre Graswurzelrevolution - Geschichte, Utopie, Perspektiven“ bekommt Ihr im Bahnhofskiosk, Buchladen, in Infoläden, linken Kneipen & Zentren oder - am besten - […]

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June 11, 2025 at 7:49 PM
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#gwr Herausgeber*innen Treffen in Ffm und Hybrid heute.💯✊
#graswurzelrevolution #Zeitschrift
April 5, 2025 at 7:59 PM
#gwr498
Die #graswurzelrevolution Nr. 498 (April 2025) bekommt Ihr im Bahnhofskiosk, Buchladen, in Infoläden, linken Kneipen & Zentren oder - am besten - direkt bei: https://www.graswurzel.net/gwr/service/abo/
#anarchie #Zeitung
March 31, 2025 at 12:35 PM
Zur Flucht gezwungen
Ewa Michalska und Adrian Sekura arbeiten gerade an dem Buch „Die Grenze des Leidens. Zeugnisse aus dem weißrussisch-polnischen Grenzgebiet”, einer Sammlung von Interviews mit Geflüchteten, die die grüne polnisch-belarussische Grenze überquert haben. Die Protagonist*innen sprechen über die traumatischen Erfahrungen, die sie auf ihrem Weg nach Europa gemacht haben, über Angst, Leid und Verlust, aber auch über ihre Hoffnung auf ein besseres Leben. Die Geschichten stammen von Menschen aus allen Teilen der Welt, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen und sich dem Unbekannten zu stellen. Das Buch offenbart die Komplexität der gegenwärtigen Migrationskrise und lädt uns ein, über das Schicksal derer nachzudenken, die zur Flucht gezwungen wurden. In dieser GWR veröffentlichen wir Auszüge aus einem Interview mit Anna, einer Geflüchteten aus Äthiopien. (GWR-Red.) **Ewa und Adrian: Kannst du uns bitte ein wenig über dein Leben erzählen bevor du nach Polen kamst? Was hat dich dazu gebracht, diesen Weg einzuschlagen?** **Anna:** Nach meinem Bachelor-Abschluss ging ich nach Russland, um meinen Master-Abschluss zu machen. Davor lebte ich in Äthiopien. Dort begann die Situation kompliziert zu werden. Die Regierung übte immer mehr Druck auf die Menschen aus, die mit Personen in Verbindung standen oder die verdächtigt wurden, mit der Opposition zusammenzuarbeiten. Mein Vater war Pilot bei der Luftwaffe. Irgendwann geriet er in Verdacht, Verrat begangen zu haben und Verbindungen zu Regierungsgegnern zu unterhalten. Er wurde verhaftet. Später, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war, konnte er kein normales Leben mehr führen, denn die Regierung verlangte ständig etwas von ihm: Dokumente, Informationen, Gehorsam. Am Ende musste er untertauchen. Ich war zu dieser Zeit bereits mit einem Stipendium in Russland. Mein Vater ist untergetaucht, meine Mutter, meine Schwester und mein Bruder sind in Äthiopien geblieben. Sie konnten nicht umziehen, denn wenn die Regierung herausgefunden hätte, wo sich mein Vater aufhielt, wären wir alle in Gefahr gewesen. Erschwerend kam hinzu, dass mein Vater eritreischer Herkunft war. Dadurch wurde das Misstrauen gegen ihn und uns alle nur noch größer. **Musste dein Vater fliehen?** Ja. Nach dem, was er im Gefängnis durchgemacht hat, hatte er keine andere Wahl. Wenn er wieder erwischt worden wäre, hätte die Situation noch schlimmer werden können. Nicht nur für ihn, sondern für unsere ganze Familie. Wir wussten alle, dass sie, wenn sie ihn nicht finden, Druck auf uns ausüben würden, auf meine Mutter, auf mich, auf meine Geschwister. Meine Mutter wusste nicht, wo sich mein Vater aufhielt. Er konnte es ihr nicht sagen. Es war zu riskant. Eines Tages kamen Polizeibeamte zu uns nach Hause. Sie fragten sie, wo er sich aufhält. Sie sagte, sie wisse es nicht. Ich glaube, sie glaubten ihr nicht, denn sie drohten ihr, in einer Woche wiederzukommen. Sie sagten ihr, sie solle sich auf die Konsequenzen gefasst machen, wenn sie keine Antwort für sie hätte. Diese Worte … klangen wie ein Urteil. Sie musste fliehen. Es gab keinen anderen Ausweg. Sie packte ein paar Sachen und nahm meine Schwester und meinen Bruder mit. Sie hatten nur wenig Zeit, das Haus zu verlassen. **Es muss furchtbar gewesen sein.** Ja, und es war noch nicht das Ende. In der Zwischenzeit nahmen sie uns alles, was wir hatten. Mein Geschäft, mein Bankkonto, mein Haus. Alles, was unserer Familie gehörte, wurde beschlagnahmt. Die Behörden nahmen uns alles weg, was wir je besessen hatten. **All das geschah in Äthiopien?** Ja. Alles begann damit, dass mein Vater zum Feind der Regierung erklärt wurde. Das war die Rache dafür, dass er es gewagt hatte, seinen Werten und nicht dem System gegenüber loyal zu sein. Es war wie die Hölle. Ich sah schwangere Frauen, die vergewaltigt wurden, weil sie mit „Verrätern“ verheiratet waren. In den Krankenhäusern, in denen ich gearbeitet habe, habe ich ihre Schreie gehört und ihre Tränen gesehen. Familien verloren ihre Angehörigen, einige verschwanden spurlos, andere kehrten als Schatten ihrer selbst zurück, geistig und körperlich völlig zerstört. Ich selbst habe viele Familienmitglieder verloren. Es ist furchtbar. Es tut uns sehr leid, dass du das erleben musstest. Es war unvorstellbar. Die Frauen, die Kinder… niemand war sicher. Die Behörden hatten einen Plan, sie wollten Menschen wie meinen Vater systematisch vernichten. Es war wie ein Todesurteil für ganze Familien. **Warst du zu dieser Zeit in Russland?** Ja, ich war an der Uni. Aber ich hatte lange Zeit keine Nachricht von meiner Familie. Die Ungewissheit war das Schlimmste. Schließlich habe ich meinen Bruder gefunden. Er hat mir gesagt: „Geh nicht zurück. Es ist zu gefährlich.“ **Das muss sehr schwierig gewesen sein.** Ja. Ich habe versucht, mich auf mein Studium zu konzentrieren, aber die Dinge wurden kompliziert. Unsere Bankkonten waren gesperrt, also hatte ich kein Geld, um meine Ausbildung fortzusetzen. Jeden Tag fragte ich mich, was ich tun sollte. Ich musste einen Weg zur Flucht finden. **Zu dieser Zeit begann der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, richtig?** Ja. Ich erinnere mich an einen Tag, als ich in Moskau war. Ich saß in einem Zimmer, als ich plötzlich von dem Krieg hörte. Ich zitterte am ganzen Körper. In diesem Moment wusste ich, dass ich nicht dort bleiben konnte. **Wir verstehen. Du hast dich also entschieden, nach Belarus zu gehen?** Ja. Ich hatte gehört, dass es ein einfacher Weg sein würde. Es hieß, es sei ein schneller Weg nach Europa, aber erst später wurde mir klar, wie falsch ich lag. Ich landete im Dschungel, wo ich zwei Tage verbrachte, bevor die wahre Hölle begann. **Wie hast du es geschafft, dorthin zu gelangen? Kannst du uns erzählen, was du in dem Wald erlebt hast? Wie lange warst du dort? Hat dir jemand geholfen? Habt ihr Essen oder Wasser bekommen?** Wir waren im Wald. Wir schliefen auf dem Boden, im Gras. Es war niemand da, der uns geholfen hat. Keine Organisationen, niemand… **Wir wissen, dass auf der belarussischen Seite niemand geholfen hat.** Ja, es gab überhaupt keine Hilfe. Wir haben 50 Tage dort verbracht. Wir hatten nur sehr wenig Essen und Wasser. Als nichts mehr da war, tranken wir Wasser aus dem Fluss, das schmutzig und stinkend war. Wir hatten keine Wahl, wir mussten irgendwie überleben. Wir wussten, dass die Soldaten uns verhaften oder Schlimmeres tun konnten, wenn sie uns fanden. **Selbst unter diesen Bedingungen hat dir niemand geholfen? Selbst als du gehungert hast?** Ich erinnere mich an das Gesicht eines Soldaten. Er fand mich, als ich versuchte, die Grenze zu überqueren. Er packte mich und stieß mich gewaltsam über die Mauer. Er hat auch mein Telefon zerstört. **Haben sich polnische oder belarussische Soldaten so verhalten?** Beide haben das getan. Die polnischen Soldaten schickten mich zurück auf die belarussische Seite. Als sie mich weggeschoben haben, bin ich im Wasser gelandet. Sie sagten mir, ich solle zurückgehen, und als ich versuchte, den Fluss zu überqueren, fiel ich ins tiefe Wasser. Ich dachte, ich würde ertrinken. **Wie hast du es geschafft zu überleben?** Ich habe versucht, irgendwie herauszukommen, obwohl das Wasser tief war. Schließlich gelang es mir, mich an einigen Ästen festzuhalten. Es war schrecklich. **Und mit wem warst du im Wald? Warst du mit einer größeren Gruppe unterwegs?** Ja, ich war mit anderen zusammen. Ich habe fünfmal versucht, die Grenze zu überqueren. Jedes Mal haben sie mich zurückgeschickt. **Fünfmal? Das muss unvorstellbar schwierig gewesen sein. Waren die Soldaten dir gegenüber aggressiv? Waren sie gewalttätig?** Ja, sie waren aggressiv. Sie haben meine Sachen zerstört, sie haben mir nicht zugehört, wenn ich versucht habe, etwas zu erklären. Alles, was sie wollten, war, uns loszuwerden. **Wie bist du in einer so schwierigen Situation zurechtgekommen? In einem früheren Gespräch hast du uns von einer schwangeren Frau erzählt, die mit dir in der Gruppe war. Kannst du uns mehr über ihre Geschichte erzählen?** Ja, es war eine schwangere Frau bei uns. Stell dir vor, du musst im Wald überleben, und sie ist in einem solchen Zustand. Wir hatten keine Hilfe. Es gab kein Essen, kein Wasser, keine Medizin. Sie war schwach, sie konnte kaum laufen, aber sie hatte keine Wahl. Sie musste weitergehen, denn hierzubleiben bedeutete den Tod. Schwangeren Frauen sollte besondere Aufmerksamkeit zuteil werden, und hier gab es nicht einmal die grundlegenden Dinge. Ich habe Geschichten von anderen Frauen gehört, die aufgrund der Bedingungen und der Erschöpfung im Wald eine Fehlgeburt erlitten haben. Ich glaube, sie hat wie durch ein Wunder überlebt. Schließlich schaffte sie es, aus dem Dschungel herauszukommen, aber ich weiß nicht, was danach mit ihr geschah. Ich habe den Kontakt zu ihr verloren. **Du hast zwei Monate in diesem Wald verbracht. Wie sahen die Bedingungen damals aus?** Das Wetter war schrecklich. Es hat fast jeden Tag geregnet. Die Feuchtigkeit drang in alles ein, in Kleidung, Schuhe, Haut. Wir hatten keinen Platz zum Verstecken. Mücken und andere Insekten haben uns ständig gestochen. Mein Körper ist noch heute mit Narben von ihren Stichen übersät. Nachts konnten wir nicht schlafen – die Insekten, die Kälte, die Feuchtigkeit und die Angst vor den Soldaten ließen uns nicht zur Ruhe kommen. **Haben die Soldaten dir in irgendeiner Weise geholfen? Haben sie auch nur ein Minimum an Unterstützung, Wasser oder Essen angeboten?** Nein, keiner von ihnen hat uns geholfen. Im Gegenteil, sie setzten viele Male Gas gegen uns ein. Ich erinnere mich, dass sie uns mit etwas besprühten, das unsere Haut verbrannte und uns das Atmen unmöglich machte. Es war wie eine zusätzliche Strafe, als ob unser Leiden im Dschungel nicht schon genug wäre. Meine Haut brannte, meine Augen tränten und ich spürte das Feuer in meiner Lunge. Es war unmöglich zu entkommen, weil sie überall waren. **Wie hast du es geschafft, aus dieser Hölle zu entkommen?** Mit Hilfe einiger Leute, die ich im Wald traf, gelang es mir, die Grenze zu überqueren. Ich war erschöpft, hungrig und hatte nicht die Kraft zu laufen, aber ich musste es versuchen. Ich hatte Angst, dass sie mich erwischen und wieder auf die weißrussische Seite zurückschicken würden. Ich hatte schon einmal gesehen, wie sie die Menschen behandeln – wie Tiere. **Ich verstehe, dass es für dich schwierig war, dem Land zu vertrauen, in dem du dich nach all dieser Zeit wiedergefunden hast. Wie könntest du dich in Polen sicher fühlen, das dich von Anfang an eingeschüchtert hat?** Nach dem, was ich gesehen und erlebt habe, konnte ich niemandem mehr trauen. Dieses Gefühl der ständigen Bedrohung bleibt einem lange Zeit erhalten. **Du lebst jetzt im Vereinigten Königreich und arbeitest als Krankenschwester in einem Krankenhaus. Es ist erstaunlich, dass du es geschafft hast, dein Leben trotz allem, was dir passiert ist, wieder aufzubauen.** Ja, ich arbeite in einem Krankenhaus. Aber die Anfänge waren sehr schwierig. Als ich hierher kam, hatte ich große Schwierigkeiten, meine medizinische Ausbildung nachzuweisen. In Polen und Weißrussland wurden alle Dokumente, die ich hatte, entweder zerstört oder beschlagnahmt. Das Haus meiner Familie wurde beschlagnahmt und mit ihm alles, was meine Vergangenheit belegen konnte – Diplome, Zeugnisse, alles war weg. Ich musste bei Null anfangen. Niemand schaute darauf, wer ich war oder was ich tun konnte. Für sie war ich nur eine weitere Person, die sie loswerden wollten. **Hat dich jemand medizinisch versorgt, nachdem du den Wald verlassen hattest? Du musst nach zwei Monaten unter solchen Bedingungen erschöpft gewesen sein.** Als ich im Krankenhaus in Polen ankam, war ich in einem schrecklichen Zustand. Mein Körper war mit Narben übersät. Die Soldaten setzten Gas ein, das meine Haut verbrannte und mir schwere Atemprobleme bereitete. Im Krankenhaus sagte man mir, dass ich die Medikamente für die Narben selbst kaufen müsse. > _**Es ist wichtig, dass die Menschen wissen, was an diesen Grenzen passiert. Vielleicht werden sich die Dinge eines Tages ändern, wenn sie nur unsere Geschichten hören.**_ Sie sagten, sie hätten nicht alles und ich müsse es mir selbst besorgen. Sie machten einige grundlegende Tests und gaben mir einige Medikamente gegen Infektionen, aber für den Rest musste ich das Geld selbst auftreiben. Meine Beine waren in einem so schlechten Zustand, dass ich kaum laufen konnte. **Wie solltest du nach zwei Monaten im Wald Geld für Medikamente auftreiben?** Das haben wir nicht. Niemand hat mich gefragt, ob ich es mir leisten kann oder nicht. Im Krankenhaus sagten sie, sie würden nur in Notfällen helfen und alles andere müsse ich selbst organisieren. In diesem Moment fühlte ich mich nicht wie ein Mensch. Mein Körper war ausgezehrt und meine Seele war gebrochen. Ich wollte einfach nur überleben, aber selbst das schien mir nicht möglich zu sein. **Wie hast du es geschafft, dich von all dem zu erholen?** Ich habe es geschafft, nach Großbritannien zu kommen. Es war ein schwieriger Weg, aber als ich dort ankam, fing ich langsam an, mein Leben wieder aufzubauen. Mehrere Menschen haben mir dabei geholfen, aber die Angst und das Trauma blieben lange Zeit in mir. Selbst jetzt, wo ich in einem Krankenhaus arbeite, habe ich immer noch Angst vor Menschen in Uniform, und ich kann immer noch spüren, wie mein Körper auf die Erinnerungen an diese Ereignisse reagiert. Es ist wichtig, dass die Menschen wissen, was an diesen Grenzen passiert. Vielleicht werden sich die Dinge eines Tages ändern, wenn sie nur unsere Geschichten hören. **Wie lange warst du in Polen, nachdem du den Wald verlassen hast? Warst du nur im Krankenhaus, oder bist du auch in einer Art Flüchtlingszentrum gelandet?** Ich habe etwa zwei Monate in Polen verbracht. Zuerst wurde ich in ein Krankenhaus gebracht, aber dort hat man mir nur vorübergehend geholfen. Dann wurde ich in ein Flüchtlingslager gebracht. Die Bedingungen im Lager waren schwierig, beengt, keine Privatsphäre, kalt. Jeden Tag hatte ich das Gefühl, dass ich dort nicht willkommen war. Obwohl ich mich an einem Ort befand, an dem man mir theoretisch helfen sollte, fühlte ich mich wie ein Eindringling, wie jemand, den man loswerden sollte. **Wie sah dein Leben im Lager aus?** Ich konnte mich in dem Lager nicht sicher fühlen. Die Menschen um mich herum waren von ihren eigenen Problemen überwältigt, und ich spürte immer noch die Auswirkungen dessen, was ich im Wald erlebt hatte. Mein Körper war in einem schrecklichen Zustand und meine Psyche noch schlimmer. Ich hatte immer noch Angst – vor den Soldaten, vor den Menschen, vor jedem neuen Tag. Schließlich begann ich nach einem Weg zu suchen, um von dort wegzukommen. **Was war dein größter Beweggrund, Polen zu verlassen?** Meine Familie. Meine Mutter und mein Bruder waren noch in Äthiopien. Ich wusste, dass ich einen Weg finden musste, um sie finanziell zu unterstützen. Das war einer der Gründe, warum ich nicht in Polen bleiben konnte. Der zweite Grund war Angst. Nach der Art und Weise, wie ich von den Soldaten und den Behörden behandelt wurde, wusste ich, dass dieser Ort niemals sicher für mich sein würde. **Hast du heute noch Kontakt zu deiner Familie?** Ja, es ist mir endlich gelungen, mit meiner Familie Kontakt aufzunehmen. Nach einer langen Zeit, fast ein Jahr nach meiner Ankunft im Vereinigten Königreich, habe ich meinen Vater gefunden. Jeden Tag hatte ich darüber nachgedacht, ob er überhaupt noch am Leben ist. Es stellte sich heraus, dass er sich im Sudan versteckt hielt. Er konnte keinen Kontakt zu uns aufnehmen, weil er Angst hatte, dass sein Aufenthaltsort verraten würde. **Wie ist die politische Lage in Äthiopien? Ist deine Familie jetzt sicher?** Die Lage hat sich ein wenig beruhigt, zumindest nach außen hin. In den Medien wird behauptet, es sei besser, aber in Wirklichkeit gibt es immer noch viele Spannungen. Es ist kein Ort, an dem man ohne Angst leben kann. Die Menschen haben immer noch das Gefühl, dass sich alles im Handumdrehen ändern kann. **Wie kommst du mit deinem neuen Leben im Vereinigten Königreich zurecht? Wie hat die Gesellschaft dich aufgenommen?** Nachdem ich im Vereinigten Königreich angekommen war, fühlte ich mich endlich sicher. Das Asylverfahren war langwierig, aber ich konnte endlich anfangen, meine Zukunft zu planen. Ich möchte mein Studium wieder aufnehmen, das ich abbrechen musste und eine Karriere in der Medizin anstreben. Ich habe hier Menschen getroffen, die mir wirklich geholfen haben. Maria, die ich getroffen habe, war einer dieser Engel. Sie war wie eine Mutter – voller Wärme, Fürsorge und Verständnis. Ich weiß nicht, wie ich ohne Maria und andere Menschen aus humanitären Organisationen zurechtgekommen wäre. Dank ihnen habe ich angefangen zu glauben, dass ich mir ein neues Leben aufbauen kann. **Was hat dich im Vereinigten Königreich am meisten überrascht?** Wie viele Menschen wirklich helfen wollen. Ich hatte das Gefühl, dass man mich hier als Person ansieht und nicht als ein Problem, das gelöst werden muss. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich mit Re-spekt behandelt. **Deine Geschichte ist sehr bewegend. Vielen Dank, dass du sie mit uns teilst.** Ich danke euch. Ich hoffe, dieses Buch wird den Menschen helfen zu verstehen, was an den Grenzen geschieht und warum es so wichtig ist, dass wir uns gegenseitig unterstützen. Übersetzung: mku POPH Das Podlaskie Freiwillige Humanitäre Hilfsteam (POPH) ist eine Organisation, die gegründet wurde, um auf die humanitäre Krise an der polnisch-belarussischen Grenze zu reagieren. Wir bestehen aus engagierten Freiwilligen, die professionelle Hilfe für Migrant*innen und Geflüchtete in einer der herausforderndsten Regionen Europas leisten. Unser Fokus liegt auf Rettungseinsätzen, der Bereitstellung humanitärer Hilfe, der Dokumentation der Krise und der Unterstützung von Geflüchteten vor Ort. Neutralität und Unparteilichkeit stehen im Zentrum unserer Arbeit. Unsere Hilfe richtet sich an alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion oder Status. Wie können Sie helfen? Unterstützen Sie uns durch Spenden (IBAN: 24 2530 0008 2012 1080 9012 0002, SWIFT: NESBPLPW), Sachspenden oder freiwillige Mitarbeit. Jede Geste der Solidarität hilft, Leben zu retten und Hoffnung zu schenken.Weitere Infos: https://poph.org.pl/ https://www.facebook.com/podlaskieOPH/
www.graswurzel.net
March 31, 2025 at 12:31 PM
March 31, 2025 at 12:05 PM
#gwr496
Kriegsrecht ohne einen Schuss verhindert
Ein aktuelles Beispiel aus Südkorea für die Wirkung gewaltfreier Macht von unten

#gwr #gewaltfreiheit #Krieg #gwaltfreiemachtvonunten
https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/kriegsrecht-ohne-einen-schuss-verhindert/
Kriegsrecht ohne einen Schuss verhindert
Am 3. Dezember 2024 verhängte der Präsident Südkoreas, Yoon Suk-yeol, das Kriegsrecht über sein Land und verschaffte sich damit diktatorische Vollmachten. Noch am Abend desselben Tages, innerhalb von nur einigen Stunden, stimmte das südkoreanische Parlament, unterstützt von einer sofortigen Massenmobilisierung von unten, trotz militärischer Einschüchterungsversuche, für die Beendigung des Kriegsrechts, ohne dass dabei auch nur ein einziger Schuss fiel. (1) Eine Analyse zur Aktualität gewaltfreier Macht von unten. (GWR-Red.) Selbst in der südkoreanischen Presse war ein solcher Umsturzversuch für kaum möglich gehalten worden. Seit 45 Jahren galt in Südkorea kein Kriegsrecht mehr, obwohl das Land in der Folge des Koreakrieges zwischen Nord- und Südkorea 1950–53, damals zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation und als Stellvertreterkrieg im Kalten Krieg, mehrere Diktaturen erlebt hatte. Zuletzt hatte Diktator Park Chung-hee (in der koreanischen Namensschreibweise wird der Familienname zuerst genannt, danach der Vorname) 1979 das Kriegsrecht verhängt. Die letzte Militärdiktatur des Landes, von Chun Doo-hwan, endete 1987. **Gewaltfreier Widerstand im Parlament und auf der Straße** Präsident Yoon erklärte am 3. Dezember 2024 um 22:23 Uhr Ortszeit, in einer nur sechs Minuten dauernden, außerordentlich angesetzten Pressekonferenz, dass er das Notstands-Kriegsrecht verhänge. Es war seine Reaktion auf eine wochenlange Pressekampagne von Korruptionsvorwürfen gegen ihn und seine Ehefrau, der zur Last gelegt wird, Luxusgeschenke angenommen, Aktienmanipulationen durchgeführt und auf die Kandidat:innenaufstellung für kommende Wahlen Einfluss genommen zu haben. (2) Die Kampagne gegen Yoon wurde unterstützt von Oppositionsführer Lee und dessen Demokratischer Partei im Parlament. Lee hatte noch 2022 die letzte Präsidentschaftswahl gegen die konservative Partei Yoons verloren. Yoon ernannte einen General der Armee zum Oberbefehlshaber des Kriegsrechtskommandos, stellte in seiner Erklärung alle öffentlichen Medien unter dessen Kontrolle und verbot öffentliche Versammlungen und Kundgebungen. Panzerwagen und Hubschrauber tauchten schnell im Zentrum der Hauptstadt Seoul auf und verbarrikadierten das explizit von Yoon aufgelöste Parlament. (3) Doch nicht nur die Medien ließen sich nicht kontrollieren: „Fernsehkameras bewegten sich frei in der Nähe der Nationalversammlung, während liberale Politiker die Öffentlichkeit über soziale Medien zum Protest gegen Yoons Machtübernahme aufriefen.“ Armeetruppen wurden entsandt, doch: „Die Soldaten zögerten, Gewalt anzuwenden, und ließen sich von den unbewaffneten Demonstranten zurückdrängen.“ Noch in derselben Nacht führten die Demonstrant:innen zunächst eine Pattsituation gegen die Soldaten herbei, „blockierten Straßen und Panzerwagen und bahnten den Abgeordneten einen Weg“, um in das Parlamentsgebäude zu gelangen. „Die Sprecherin der Demokratischen Partei, Ahn Gwi-ryeong, rang mit bloßen Händen mit einem bewaffneten Soldaten, bevor sie das Gebäude betrat. Der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Lee, zeigte für einen 60-Jährigen eine erstaunliche Athletik, als er über die Mauern sprang, um den Soldaten auszuweichen – und dabei noch ein Video von sich selbst live übertrug.“ (4) Die so eiligst herbeigerufenen Abgeordneten verbarrikadierten sich im Innern des Parlaments und eröffneten die Sitzung um 0:49 Uhr am 4. Dezember 2024. Als Fallschirmjäger ein Fenster des Parlaments einbrachen, um ins Gebäude einzudringen, wurden sie von Parlamentsmit- arbeiter:innen mit Feuerlöschern und Handyblitzen zurückgedrängt. Parlamentspräsident Woo ordnete eine sofortige Abstimmung an und inzwischen 190 anwesende von den insgesamt 300 Abgeordneten, darunter 18 Dissident:innen von Yoons eigener Partei, stimmten um 1:01 Uhr morgens einstimmig für die Beendigung des Kriegsrechts. (5) In zwei Wahlgängen stimmten die Abgeordneten rund zehn Tage später, am 14. Dezember 2024, für die Absetzung (Impeachment) des Putsch-Präsidenten Yoon. Dafür war eine Zweidrittelmehrheit der 300 Abgeordneten vonnöten, die im zweiten Wahlgang erreicht wurde. Die sechs parlamentarischen Oppositionsparteien brachten es auf 192 Stimmen – doch wieder stimmten Teile der konservativen Regierungspartei, nämlich zwölf von deren 108 Abgeordneten –, für die Absetzung. (6) **Junge Frauen und Intellektuelle als Speerspitze der Demokratiebewegung** In der gesamten Woche, die auf die Nacht des Umsturzversuches folgte, formierten sich Massendemonstrationen gegen Yoon im Zentrum Seouls und vor dem Parlament, um einen neuerlichen Putsch zu verhindern. In dieser Massenbewegung vereinigten sich Angehörige aller Generationen, das heißt Demonstrant:innen, die noch die Diktaturen bis 1987 gekannt hatten, als auch „zahlreiche Jugendliche, mehrheitlich Frauen, die während der Demonstrationen am Wochenende des 7. und 8. Dezembers ihre Präsenz zeigten“. (7) Yoon war bekannt dafür geworden, den Feminismus im Allgemeinen und alle Minderheiten, im Besonderen Angehörige der LGBT*-Community sowie Menschen mit Behinderung, verachtet und öffentlich diffamiert zu haben. (8) Die Spontaneität der Erhebung gegen Diktatur, Militär und die südkoreanische Rechte war auch beeinflusst von einem verbreiteten Bewusstsein der Angst vor einem neuerlichen Massaker wie am 18. Mai 1980 in Gwangju, im Südwesten Südkoreas, als das damalige Militär gegen eine diktaturfeindliche, allerdings nicht gewaltfreie, sondern auch von einer bewaffneten „Befreiungsarmee“ unterstützte Oppositionsbewegung vorging, wobei innerhalb von rund zehn Tagen Krieg rund 200 Menschen ermordet und 3.000 Oppositionelle in südkoreanische Foltergefängnisse geworfen wurden. (9) An dieses Massaker erinnert der Roman „Human Acts“ (dt.: „Menschenwerk“) der Literaturnobelpreisträgerin von 2024, Han Kang, die in Gwangju geboren wurde und nach Einsicht in die Fotos vom Massaker zur Literatur fand. Ihr preisgekrönter Roman hat sicherlich zur andauernden Sensibilisierung einer breiten südkoreanischen Öffentlichkeit und besonders junger Frauen gegen das Kriegsrecht beigetragen und mit dafür gesorgt, dass die massenhafte gewaltfreie Demokratiebewegung so schnell reagieren konnte. In ihrer Stockholmer Dankesrede am 10. Dezember 2024 meinte die Nobelpreisträgerin, im Alter von zwölf Jahren habe sie Fotos von verstümmelten Leichen und lange Schlangen von Blutspender:innen für die Opfer des Massakers gesehen und zu der Überzeugung gefunden, dass die Erinnerung an diese Vergangenheit die Gegenwart retten und damit „die Toten den Lebenden helfen“ sollen. Wohl noch nie hat ein Literaturnobelpreis so unmittelbaren Einfluss auf eine Massenmobilisierung gegen einen Putschversuch gehabt. (10) > _**In dieser Massenbewegung vereinigten sich Angehörige aller Generationen, das heißt sowohl Demonstrant:innen, die noch die Diktaturen bis 1987 gekannt hatten, als auch „zahlreiche Jugendliche, mehrheitlich Frauen, die während der Demonstrationen am Wochenende des 7. und 8. Dezembers ihre Präsenz zeigten“**_ Noch eine weitere künstlerisch-intellektuelle Bewegung Südkoreas hatte bedeutenden Einfluss auf die antidiktatorische Massenbewegung: die Musik des sogenannten „K-Pop“ (Korean Pop), dessen politische Protesttradition in westlichen Ländern kaum bekannt ist und nur selten gewürdigt wird. (11) Der für Fans des K-Pop typische Lichtstab (light stick), der in verschiedenen Farben leuchtet und damit progressive Vielfalt bezeugen soll, wurde sogar zu einem Symbol dieser Massenbewegung und leuchtete auf allen Demonstrationen auf. (12) Die anarchistische Bewegung in Südkorea scheint wenig Einfluss auf die gegenwärtige Massenbewegung zu haben. Sie geht historisch auf den nationalen Widerstand gegen die japanische Besatzung Koreas von 1910 bis 1945 zurück. Angaben zeitgenössischer Anarchisten wie Sim Yongcheol zufolge blieb sie jedoch bei dieser Feindbestimmung zum japanischen Imperialismus stehen und hat auch an deren nationalistischen und patriotischen Orientierungen festgehalten. Diesen Widerspruch zu den transnationalen Ideen des Anarchismus konnte die anarchistische Bewegung in Südkorea bis heute nicht überwinden oder sich jenseits davon wirksam reorganisieren. (13) **Gegenmobilisierung der Rechten und Rolle des Verfassungsgerichts** Die Geschichte ist noch nicht zu Ende: Am Ende der Woche nach der gescheiterten Kriegsrechtserklärung hatte sich auch eine neofaschistische Bewegung formiert, die sich gegen die Absetzung Yoons aussprach und historisch-politisch in der evangelikalen rechten Predigerbewegung Koreas verortet werden muss, die alle Gegner:innen als vom „kommunistischen“ Nordkorea gesteuert diffamiert. Diese klerikalfaschistische Unterstützungsbewegung für Yoon bekennt sich zum Bündnis mit dem US-Imperialismus und zu Trump. (14) Heute ist Yoon zwar seiner Macht beraubt, doch er hat geschworen, um seine Rückkehr zur Macht zu kämpfen und dafür eine Armada an Anwälten aufgeboten, die die juristische Ebene des südkoreanischen Verfassungsgerichtes anrufen. Dieses verlangt nach südkoreanischem Recht eine offizielle Bestätigung der Absetzung eines Präsidenten durch ein Quorum von mindestens sieben der neun eingesetzten Verfassungsrichter. Doch im Moment gibt es nur sechs Verfassungsrichter, weil das Mandat dreier Richter im September 2024 ausgelaufen ist. Die drei Neubesetzungen im Verfassungsgericht sollten bis Jahresende vom Nachfolger des Präsidenten, Han Duck-soo, eingesetzt werden. Doch dieser Interimspräsident hatte sich geweigert, die drei fehlenden Richter nach zu nominieren. Ex-Präsident Yoon ist vor Gericht angeklagt wegen Landesverrats, Machtmissbrauchs, Verhinderung der Ausübung der Rechte der Parlamentsabgeordneten. Bei einstimmiger Bestätigung seiner Absetzung vor dem Verfassungsgericht würde Yoon zu einem einfachen Bürger degradiert. Das Verfahren kann sich bis in die Zeit zwischen Februar und April 2025 hinziehen. Sollte Yoon im Prozessverlauf verhaftet werden, droht ihm für seine Verbrechen in Südkorea Lebenslänglich oder gar die Todesstrafe. Doch spätestens hier kann die gewaltfrei-libertäre Solidarität mit dieser bürgerlichen, demokratisch-parlamentarischen Bewegung auch enden: Hier wird bewusst die Todesstrafe in Kauf genommen oder faktisch gefordert. Die Todesstrafe ist staatlich legitimierter Mord und gehört in Südkorea und überall abgeschafft. Die Degradierung Yoons zum einfachen Bürger wäre dagegen erfreulich. Schon am 3. Januar 2025 versuchte die Anti-Korruptionsbehörde (CIO), Yoon an seinem privaten Wohnsitz zu verhaften. Deren Zugang wurde jedoch durch eine Yoon noch treue, militärische Präsidentengarde verhindert. (15) Am 15. Januar wurde er dann doch verhaftet. Es gibt nun einen Streit darüber, ob die Absetzung Yoons auch rechtens ist, wenn die Bestätigung von nur sechs Richtern in Einstimmigkeit getroffen wird. (16) Weil der gleichermaßen der konservativen Mehrheitsregierung angehörende Interimspräsident Han gezögert hat, wurde gegen ihn von der Opposition bereits am 26. Dezember 2024 ein Absetzungsverfahren eingeleitet. Er wurde am 27. Dezember wieder abgesetzt. (17) Es darf vermutet werden, dass der Streit in den nächsten Monaten noch weiter geht und dessen Verlauf von der gewaltfreien Massenbewegung genau beobachtet werden muss, um rechten oder reaktionären Wendungen entgegenzutreten. In Korrespondent:innen-Berichten ist bereits von „institutionellem Chaos“ in Südkorea die Rede. (18) **Die Bedeutung für die Wirksamkeit gewaltfreier Macht von unten** Im Impressum der Zeitung Graswurzelrevolution wird von einer „Macht von unten“ gesprochen, durch die „alle Formen von Gewalt und Herrschaft“ abgeschafft werden sollen. Nun, die Abschaffung aller Herrschaftsformen betreibt die südkoreanische gewaltfreie Massenbewegung sicherlich nicht. Sie hält an den Formen parlamentarisch-kapitalistischer Herrschaft fest. In einer Zeit allerdings, in der diese parlamentarische Herrschaftsform Stück für Stück diktatorisch und von neofaschistischen Kräften wie etwa vom Orbán-Regime in Ungarn, vom Meloni-Regime in Italien, von der Trump-Regierung in den USA in Frage gestellt wird, in einer Zeit der überall aufkommenden faschistischen Parteien und in der als Macht von unten nurmehr in Form von Milizen und Bürgerkriegsszenarien in Erscheinung tretenden Gegenbewegungen wie in Syrien oder im Sudan ist die gewaltfreie Massenbewegung in Südkorea ein Hoffnungsschimmer. Sie zeigt, dass ein Putschversuch auch ohne einen einzigen Schuss abgewehrt werden kann, selbst heute. Sie erinnert damit an die antidiktatorischen und gewaltfreien Massenbewegungen in der DDR und in Polen (Solidarnosć) von 1989, die einen gesamten Militärblock, nicht nur die Mauer, zum Einsturz brachten. Aus der Wahrnehmung einer Wirksamkeit gewaltfreier Gegenmacht entstanden die Peoples-Power-Bewegungen (Philippinen, Südafrika usw.) in den späten Achtzigerjahren bis hin zu den anfangs gewaltfreien arabischen Massenaufständen in Ägypten (Tahrir-Platz-Besetzung), in Syrien und im Sudan 2011/12. (19) Diese Erfahrung einer gewaltfreien Macht von unten ist heute in Militärdiktaturen oder brutal geführte Bürgerkriege umgeschlagen. Die bewaffneten Milizen scheinen sich in den genannten Ländern durchgesetzt zu haben, ganz zu schweigen von den aktuellen Kriegen (Ukraine, Gaza, Libanon, Sudan). In dieser Situation sollten wir uns nicht nur an den Erfolg der bundesdeutschen Anti-Atom-Bewegung in einem 40jährigen Kampfzyklus (1972-2012) meist gewaltfreier Aktionen zivilen Ungehorsams erinnern (20), sondern auch Südkorea als ein aktuelles Beispiel dafür wahrnehmen, wie Putsche und Militärdiktaturen auch kurzfristig erfolgreich anders bekämpft werden können als durch Blutvergießen, Waffengewalt sowie den dazugehörigen Märtyrerkult. (1) S. Nathan Park: Nach dem Umsturzversuch in Südkorea: Reichlich Erfahrung mit Tyrannen, in: Foreign Policy, 4.12.2024, vgl.: https://www.fr.de/politik/nach-dem-umsturzversuch-in-suedkorea-reichlich-erfahrung-mit-tyrannen-zr-93457680.html (2) Sarah A. Son: South Koreau: defeat of president’s attempt to impose martial law shows a robust democracy at work, in: The Conversation, 4.12.2024, vgl.: https://theconversation.com/south-korea-defeat-of-presidents-attempt-to-impose-martial-law-shows-a-robust-democracy-at-work-245227 (3) S. Nathan Park, ebenda, a.a.O., S. 2. (4) S. Nathan Park, ebenda, a.a.O., S. 3. Voraufgehendes Zitat dieselbe Quelle. (5) Ebenda, S. 4. (6) Philippe Mesmer: Corée du Sud: le président Yoon Suk Yeol destitué par l’Assemblée nationale (Südkorea: Präsident Yoon Suk Yel durch die Nationalversammlung abgesetzt), in: Le Monde online, 15.12.2024, vgl.: https://www.lemonde.fr/international/article/2024/12/14/coree-du-sud-le-president-yoon-suk-yeol-destitue-par-l-assemblee-nationale_6448288_3210.html (7): Philippe Mesmer: En Coree du Sud, les jeunes femmes, fer de lance de la mobilisation contre le président (In Südkorea waren junge Frauen die Speerspitze der Mobilisierung gegen den Präsidenten), in: Le Monde online, 15.12.2024, vgl.: https://www.lemonde.fr/international/article/2024/12/15/en-coree-du-sud- les-jeunes-femmes-fer-de-lance-de-la-mobilisation-contre-le-president_ 6450380_3210.html (8) Philippe Mesmer, ebenda, a.a.O., S. 2. (9) Philippe Mesmer, Philippe Pons: En Corée du Sud, les plaies à vif du massacre de Gwangju (In Südkorea sind die Wunden des Massakers von Gwangju noch offen), in: Le Monde, 25. und 26.12.24, S. 7. (10) Philippe Mesmer, Philippe Pons, ebenda, a.a.O.; sowie S. Nathan Park, siehe Anm. 1, a.a.O., S. 3. (11) Vgl. als Ausnahme dazu: Findus: Kleine Geschichte der Protestmusik. Von Katzenmusik bis K-Pop, Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2021, siehe S. 50 zur süd-koreanischen K-Pop-Protestmusik. (12) Philippe Mesmer, siehe Anm. 6, a.a.O., S. 2 (13) Sim Yongcheol, zit. nach: Anarchism in Korea, wiki-Eintrag: https://en.wikipedia.org/wiki/Anarchism_in_Korea (14) Philippe Mesmer: Séoul: l’extrême droit mobilisée contre la destitution du président (Seoul: Die extreme Rechte mobilisiert gegen die Absetzung des Präsidenten), in: Le Monde, 17.12.2024, S. 5. (15) Philippe Mesmer: Corée du Sud: la garde présidentielle fait échouer l’arrestation du président (Südkorea: Die Präsidentengarde verhindert die Verhaftung des Präsidenten), in: Le Monde, 4.1.2025, S. 5. (16) Philippe Mesmer: En Corée du Sud, la justice résolue à juger le président destitué pour son coup de force (In Südkoreaa ist die Justiz dazu entschlossen, den abgesetzten Präsidenten wegen dessen Putschversuchs zu richten), in: Le Monde online, 17.12.2024, S.2, vgl.: https://www.lemonde.fr/article-offert/0e9289a41c90-6453081/en-coree-du-sud-la-justice-resolue-a-juger-le-president-destitue-pour-son-coup-de-force (17) AFP-Pressemeldung: Corée du Sud: Le président par interim menacé de destitution (Südkorea: Auch der Interimspräsident wird von Absetzung bedroht), in: Le Monde, 27.12.24, S. 4. (18) Vgl. Le Monde, 4.1.2025, S. 1, 19. (19) Vgl. Guillaume Gamblin, Pierre Sommermeyer, Lou Marin (Hg.): Im Kampf gegen die Tyrannei. Gewaltfrei-revolutionäre Massenbewegungen in arabischen und islamischen Gesellschaften: der zivile Widerstand in Syrien 2011-2013 und die „Republikanischen Brüder“ im Sudan 1983–1985, Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2018. (20) Vgl. S. Münster/Lou Marin: Von Wyhl bis Fukushima. Der praktisch-strategische Einfluss gewaltfreier Aktionsgruppen auf vier Jahrzehnte Kämpfe der westdeutschen Anti-AKW-Bewegung, in: Arbeitsgruppe Anarchismus und Gewaltfreiheit (Hg.): Je mehr Gewalt, desto weniger Revolution. Texte zum gewaltfreien Anarchismus & anarchistischen Pazifismus, Band 1, S. 221-237, Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2018. **Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Graswurzelrevolution. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es _hier._** ###### **Wir freuen uns auch über Spenden auf unserSpendenkonto.** Leitartikel
www.graswurzel.net
February 28, 2025 at 10:11 AM
Grüne Scheinlösungen

Ein Interview mit Kathrin Hartmann, Autorin von „Öl ins Feuer“
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#KlimaKrise #graswurzelrevolution
#oelinsfeuer
#buch
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https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/gruene-scheinloesungen/
February 25, 2025 at 4:17 PM
Krieg im Nahen Osten

Für konsequentes Zwischen-den-Stühlen-Sitzen
#gwr496
#graswurzelrevolution

https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/krieg-im-nahen-osten/
Krieg im Nahen Osten
Aus der Geschichte lernen und sich reflektierend weiterentwickeln, ein eigentlich klassisch linker Anspruch und eine Tugend, der die meisten Leser*in-nen vermutlich kopfnickend beipflichten würden. Doch wie das so ist mit Anspruch und Wirklichkeit, manchmal klafft die Lücke weit auseinander und so erinnere ich mich an meinen ersten Artikel, den ich vor mehr als 20 Jahren in der GWR schreiben durfte. Schon damals ging es um den Nahostkonflikt und deutsche Linke, die sich unbedingt auf einer Seite positionieren mussten und dabei eigentlich nur die falsche wählen konnten. Mit dem antisemitischen Massaker und der Verschleppung Hunderter israelischer Geiseln durch die Hamas vor rund 16 Monaten hat zweifelsohne eine neue Eskalation der Gewalt im Nahen Osten begonnen. Die anschließend von der extrem rechten, israelischen Regierung propagierte „vollständige Vernichtung der Hamas“ mit Flächenbombardements in Gaza hat bislang Zehntausende zivile Opfer gekostet und zu einer humanitären Katastrophe in Gaza geführt. Mit den Bombardierungen und der Bodenoffensive im Libanon drohte sich dies zu wiederholen. Eine weitere Eskalation der Situation in der Region ist nicht auszuschließen, wie wir nahezu täglich in den Medien verfolgen können. Nicht nur weil unsere Position hierzulande nahezu keine Änderung vor Ort erzielt, auch sonst gibt es keinerlei Notwendigkeit, einer der Kriegsparteien den Rücken zu stärken. Und nicht nur für den Blick in den weit entfernten Nahen Osten, sondern auch in unseren Zusammenhängen und Strukturen gilt: Politische Diskussionen müssen in einem Klima geführt werden können, das nicht von Angst und Einschüchterung geprägt ist. Als Menschen, die eine herrschaftslose und gewaltfreie Gesellschaft anstreben, sollten wir vielmehr stets an der Seite der Betroffenen von antisemitischer, rassistischer, kolonialer und rechter Gewalt stehen. Jüdische Menschen für die kriegerische Reaktion Israels auf den Angriff der Hamas verantwortlich zu machen, ist antisemitisch. Ebenso dürfen Palästinenser*innen oder Menschen mit muslimischen Glauben nicht für die brutalen Taten von Hamas oder Hisbollah angegriffen werden. > _**Politische Diskussionen müssen in einem Klima geführt werden können, das nicht von Angst und Einschüchterung geprägt ist**_ Eine Gesprächskultur, in der verschiedene Standpunkte dargestellt werden können, in der hinterfragt werden darf und in der die kulturellen Hintergründe der Sprecher*innen geachtet werden, muss möglich sein. Meinungsverschiedenheiten müssen wir bis zu einer gewissen Grenze aushalten. Die eigene politische Position mit körperlicher Gewalt durchzusetzen ist hierbei keineswegs zulässig und aufs Schärfste zu verurteilen. Ein NoGo sind allerdings Gruppen und Personen, die eindeutig antisemitische oder rassistische Positionen verlautbaren und transportieren. Dabei ist es nebensächlich, ob es sich dabei um Unterstützer*innen der Hamas handelt oder ob die eklatanten Menschrechtsverbrechen der israelischen Regierung geleugnet oder gar befürwortet werden. Dementsprechend gilt auch in einer offenen Gesprächskultur: Unsere Solidarität hat Grenzen, ist nicht beliebig dehnbar und strapazierfähig. Solidarität kann es weder mit (religiösen) Faschisten geben noch mit nationalistischen Siedler*innen. Keine Unterdrückung der Welt rechtfertigt beispielsweise das Ermorden von queeren Menschen, keine geschichtliche Entwicklung Völkermord und apartheidähnliche Gesetze. In diesem Sinne: Ergreifen wir nicht Partei für diese oder jene Kriegsseite. Solidarisieren wir uns mit Geflüchteten, mit den Betroffenen von Bombardements und Raketeneinschlägen, mit jenen, die dem unvorstellbaren Horror ausgesetzt sind, dessen alleinige Vorstellung uns nicht möglich ist. Mit den Entrechteten und den Angegriffenen, mit denen, die keine Lebensperspektive erblicken können und mit jenen, die aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Herkunft auf den Straßen angegriffen werden. Unterstützen wir die Menschrechtsorganisationen und unabhängigen Journalist*innen, die Initiativen und Personen vor Ort, die für Gerechtigkeit und Aussöhnung streiten. Ergreifen wir Partei für die Menschlichkeit. **Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Graswurzelrevolution. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es _hier._** ###### **Wir freuen uns auch über Spenden auf unserSpendenkonto.** Leitartikel
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February 25, 2025 at 4:15 PM
Perspektiven für Nordostsyrien?

Die Situation in Rojava nach dem Ende des Assad-Regimes
#gwr #gwr496 #syrien #rojava #graswurzelrevolution

https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/perspektiven-fuer-nordostsyrien/
Perspektiven für Nordostsyrien?
<div class="entry-intro"> <p>Mehr als dreizehn Jahre nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung des Arabischen Frühlings und dem anschließenden Beginn des Bürgerkriegs in Syrien kollabierte im Dezember 2024 die syrische Diktatur. Der Autokrat Baschar al-Assad floh ins russische Exil. Das Ende des Folter-Regimes der Familie Assad, die Syrien seit 1971 totalitär regiert hatte, ist ein Grund zum Feiern. Gleichzeitig ist eine neue Diktatur durch die siegreichen islamistischen Milizen zu befürchten. Hoffnungsträger für feministische, anarchistische, ökologische und andere emanzipatorische Bewegungen sind dagegen die Menschen, die seit 2012 vor allem in den kurdischen Gebieten Syriens versuchen, eine autonome, selbstverwaltete und emanzipatorische Sozialstruktur zu organisieren. Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, bekannt unter dem kurdischen Namen Rojava (Westkurdistan), ist ein de facto autonomes Gebiet in der gleichnamigen Region im Nordosten von Syrien. Dort wird versucht, eine direkte Demokratie mit pluralistischen Prinzipien zu realisieren, die für ökologische Nachhaltigkeit eintritt und die Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von Ethnie, Religion oder Geschlecht verwirklicht. Seit 2016 wird die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien von der Türkei angegriffen. Für die GWR beschreibt Dr. med. Michael Wilk die aktuellen Entwicklungen. Der Autor von „Erfahrung Rojava – Berichte aus der Solidaritätsarbeit in Nord-Ostsyrien“ (Edition AV, Lich 2022) ist aktiv im Anarchistischen Forum Wiesbaden und seit 2014 regelmäßig unterstützend als Notarzt für den Kurdischen Roten Halbmond in Rojava <a name="ref1"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/perspektiven-fuer-nordostsyrien/#fn1">(1)</a> im Einsatz. (GWR-Red.)</p> </div> <p>Dinge ändern sich. Manchmal schnell und überraschend. Am 27. November 2024 starteten von der Region Idlib aus Einheiten der islamistischen HTS <a name="ref2"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/perspektiven-fuer-nordostsyrien/#fn2">(2)</a> im Bündnis mit der SNA <a name="ref3"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/perspektiven-fuer-nordostsyrien/#fn3">(3)</a> eine Offensive, die am 8. Dezember 2024 mit der Flucht Assads nach Russland und damit zum Ende seines diktatorischen Regimes in Syrien führte. Die meisten Menschen in Syrien feierten das Ende eines Terror-Staats, der mit brutaler Unterdrückung, Mord und Folter, jedwede Opposition unterdrückt hatte.<br/> Eine Auseinandersetzung, die mit dem Arabischen Frühling 2011 begann und deren wechselvoller Verlauf Hundertausende Menschen das Leben kostete und Millionen Menschen zur Flucht zwang, schien mit der Befreiung Tausender aus den Gefängnissen zu Ende zu sein und ließ die Menschen jubeln. Auch im Nordosten Syriens, der Selbstverwaltungszone Rojavas mit seiner multiethnischen Bevölkerung, gab es Freude über das Ende des Regimes. Vor allem die kurdische Bevölkerung hatte lange unter der Assad-Diktatur gelitten, lebte diskriminiert und entrechtet. Erst im Verlauf der Auseinandersetzungen nach 2011 gelang es in Abgrenzung zum Assad-Regime und im Kampf gegen die islamistische al-Nusra-Front und den IS, im Untergrund gewachsene emanzipative Ideen gesellschaftliche Realität werden zu lassen. Das Assad-Regime musste sich zu Beginn des Bürgerkriegs auf seine Kerngebiete zurückziehen, kurdische Kräfte übernahmen vielerorts die Kontrolle im Nordosten. Die dschihadistisch-salafistische al-Nusrah Front und später der Islamische Staat (IS) eroberten weite Teile Syriens und errichteten eine islamistische Schreckensherrschaft, die erst durch die kurdischen Selbstverteidigungseinheiten YPG/YPJ mit Unterstützung der Internationalen Anti-IS-Koalition gebrochen werden konnte. Mit der zunehmenden Zerschlagung des IS, die über 11.000 Tote und ca. 21.000 Schwerverletzte und Verstümmelte forderte, endete nicht nur ein religiös-totalitäres Terrorregime, sondern es eröffnete sich die Chance alte gesellschaftliche Machtverhältnisse und tradierte patriarchal-autoritäre Strukturen in Frage zu stellen.<br/> Im März 2016 rief eine Versammlung kurdischer, assyrischer, arabischer und turkmenischer Delegierter die autonome Föderation Nordsyrien – Rojava aus, bestehend aus den drei Kantonen Cizîrê, Kobanê und Efrîn (Afrin). Das selbstverwaltete Gebiet Nordostsyrien entstand und wuchs mit jeder Niederlage des IS. Es reicht heute bis an den Euphrat und umfasst ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebiets, mit geschätzt 4-5 Millionen Menschen. Diese distanzierten sich vom Assad-Regime, über Jahre kam es immer wieder auch zu Kämpfen mit Regime-Truppen in den Enklaven des Regimes innerhalb Rojavas, in Haseke oder auch Qamishlo, oder auch im innersyrischen „Grenzgebiet“ zwischen Rojava und dem der Regierung in Damaskus. Von beiden Seiten herrschte eine fragile Akzeptanz, die sich nicht durch Sympathien, sondern notgedrungen durch Machtverhältnisse und pragmatische Gesichtspunkte ergab. So war die Bevölkerung Rojavas, bei aller Abgrenzung gegenüber der Regierung in Damaskus, zum Beispiel im internationalen Rahmen auf syrische Pässe angewiesen, die nur von der Zentralregierung (gegen die Bezahlung hoher Geldbeträge) ausgestellt werden konnten. Das Assad-Regime war gerade zu Beginn des Bürgerkriegs kaum in der Lage die Revolten im Süden und seinen Kerngebieten unter Kontrolle zu bekommen und konzentrierte sich unter Aufgabe des Nordens mit seiner starken kurdischen Bevölkerung, auf das eigene Überleben. Dass damals aus strategischen Gründen nicht der völlige Bruch mit Assad vollzogen und keine militärische Auseinandersetzung mit dem Regime forciert wurde, wurde von anderen Oppositionsgruppen kritisiert. Um die Gründung eines eigenen Staates, bzw. die völlige Lossagung vom syrischen Staat ging es jedoch nie, verfolgt wurde vielmehr eine Autonomie im Sinne weitestgehender Selbstbestimmung. Die Entscheidung schaffte Gestaltungsraum, der so weit als irgend möglich genutzt wurde.<br/> Im Nordosten forcierten die Anhänger*innen der kurdischen PYD, Partei der Demokratischen Union, den Versuch einer zivilgesellschaftlichen Neuorganisierung unter Verfolgung basisdemokratischer Prinzipien einer „direkten Demokratie“, unter Einbeziehung und Verantwortung aller im Gebiet lebenden Ethnien/Kulturen, nicht nur der kurdischen, sondern ebenso der arabischen, assyrischen, turkmenischen und yesidischen Menschen. Die Zivilgesetze des syrischen Staates blieben nur soweit gültig, soweit sie nicht dem 2014 verabschiedeten Gesellschaftsvertrag Rojavas widersprachen. Darin verankert ist die völlige Gleichberechtigung von Frauen, die sich auch in der allgegenwärtigen Präsenz von Mann/Frau-Doppelspitzen bei allen Institutionen ausdrückt. Auch die Rechte von Minderheiten, die Verpflichtung zu ökologischer Nachhaltigkeit, direkter Demokratie und politischer Dezentralisierung finden sich im Vertrag, ebenso wie die Abschaffung der Todesstrafe. Die islamische Mehrehe wurde zugunsten einer Zivilehe abgeschafft, ein Schritt hin zu einer säkularen offenen Gesellschaft. Der Gesellschaftsvertrag ist inspiriert durch die Schriften Abdullah (Apo) Öcalans an, der als Vorsitzender der Kurdischen Arbeiter Partei (PKK), seit 1999 in der Türkei inhaftiert ist und in Rojava personenkulthafte Anerkennung genießt. In seinem Buch „Jenseits von Staat, Macht und Gewalt“ (Unrast) hatte Öcalan 2004 seine „Abkehr vom Dogmatismus“ verkündet und die Prinzipien des demokratischen Konföderalismus und der demokratischen Autonomie ausformuliert. Seine nicht nationalistische Vision einer kommunal organisierten demokratisch-ökologischen Gesellschaft gab der kurdischen Bewegung wichtige Impulse und bietet Anregungen für die Debatte um einen neuen freiheitlichen Sozialismus. Sein Plädoyer gegen staatliche Gewaltverhältnisse und Krieg und Gewalt zur Durchsetzung von Machtinteressen bildet ihr theoretisches Fundament. Die Positionen des einstigen Leninisten und kurdischen Nationalisten hatten sich im Laufe der Jahre gewandelt, vom Marxismus-Leninismus, der Kritik am realen Sozialismus, bis hin zum demokratischen Konföderalismus, beeinflusst von den Schriften des Öko-Anarchisten Murray Bookchin, dem Feminismus, Zapatismus und der kritischen Theorie. Die angestrebten gesellschaftlichen Veränderungen unterscheiden sich in wesentlichen Punkten diametral von denen der zuvor herrschenden tradierten patriarchalen Herrschaftsstrukturen.<br/> Die Umsetzung ist eine Herausforderung und schwierig, wie jede emanzipative Veränderung ist es ein Prozess und nicht nur eine Entscheidung. Die Absicherung der zivilgesellschaftlichen Veränderungen wurde angesichts der Bedrohungen durch islamistische Milizen, vor allem durch den IS, aber auch in Abgrenzung zur Regierung in Damaskus, durch eine bewaffnete Selbstverteidigung erreicht. Seit 2012 übernahmen die Selbstverteidigungseinheiten der YPG/YPJ (YPG Männer und Frauen, YPJ ausschließlich Frauen) diese Aufgabe.<br/> Das Assad-Regime konnte im Verlauf des Bürgerkriegs mit der Unterstützung Russlands und des Irans seine Herrschaftszone ebenso konsolidieren, indem es vom Süden her den IS bekämpfte und ebenso die aufständische Freie Syrische Armee (FSA), sowie andere widerständige islamistische Milizen verdrängte. Diese wiederum sammelten sich in der Provinz Idlib, die deshalb über Jahre vom Assad-Regime und seinen Schutz- und Unterstützungsmächten Russland und Iran massiv und auch unter Begehung von massiven Kriegsverbrechen attackiert wurde. Im Unterschied zu Nordostsyrien/Rojava, entwickelte sich die Region Idlib zum letzten größeren Rückzugsort vor allem der islamistischen oppositionellen Kräfte. Von Anfang an stand die Region und die HTS unter starkem Einfluss der nur ca. 20 Kilometer entfernten Türkei, die Unterstützung auch in Form von Geld, Waffen und Logistik lieferte. Aber nicht nur das Erdoğan-Regime versuchte in Idlib und auf den dort entstehenden regionalen Defacto-Staat mit den dort agierenden Milizen Einfluss zu nehmen, sondern ebenso westliche Länder, auch Deutschland, das über Jahre immer wieder mit Millionenbeträgen unterstützte. Die USA führte am 3. Februar 2022 auf dem Gebiet eine Militäroperation durch, die einen Anführer des IS tötete.<br/> Die türkische Autokratie nutzte von Anbeginn an ihren Einfluss in Idlib, indem sie sowohl die HTS als auch die SNA finanziell und logistisch unterstützte. Den größeren Einfluss hat sie auf die SNA, aus deren Reihen sie Söldner rekrutierte, die als Hilfstruppen bei militärischen Aktionen gegen die Selbstverwaltungszone Nordostsyriens, eingesetzt wurden. Diese islamistischen Milizen, deren Kämpfer nicht selten noch das Symbol des IS trugen, waren maßgeblich an allen vom Erdoğan-Regime befohlenen Invasionen der türkischen Armee in Rojava (West-Kurdistan im Norden Syriens) beteiligt, so 2016 bei der Operation Euphrat Schild, 2018 Operation Olivenzweig, der Invasion in Afrin und 2019 der Operation Friedensquelle, der Invasion zwischen Serekanije und Gire Spi. Die Überfälle hatten zahlreiche Tote und Verletzte zur Folge. Hunderttausende Kurd*innen wurden aus ihren angestammten Gebieten vertrieben. Die überfallenen Gebiete waren Schauplatz schwerer Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen. Ich war im Januar 2018 mit einem Hilfskonvoi des Kurdischen Roten Halbmonds, Heyva sor a kurd, vor Ort und musste erleben wie tausende von Menschen mit wenig mehr als dem was sie am Leibe trugen, aus Afrin nach Sheba flohen. Es war bitter-kalt, Kinder starben auf der Flucht. In den von der Invasion betroffenen Gebieten etablierten sich die Besatzer und richteten sich zum Bleiben ein. Die militärischen Selbstverteidigungskräfte der SDF konnten das nicht verhindern. Aus den annektierten Gebieten wurden die Kurd*innen und ihre Kultur verdrängt. 
So will der türkische Staat Raum schaffen für arabisch-syrische Geflohene, die die Türkei verlassen sollen.<br/> Autokrat Erdoğan bekämpft seit Jahren die kurdische Selbstorganisierung in der Türkei, nicht nur die PKK als militante Organisation, sondern ebenso pro-kurdische Parteien wie die DEM, Partei für Emanzipation und Demokratie der Völker. Die Autokratie setzt die demokratisch gewählten Bürgermeister*innen immer wieder ab und inhaftiert Oppositionelle. Die ideologische Nähe der Selbstverwaltung Nordostsyriens zur PKK, die in westlichen Ländern als terroristische Organisation gelistet ist, ist kein Geheimnis. Daraus jedoch eine konkrete Bedrohung der Türkei durch Rojava abzuleiten, entspringt der propagandistischen Kriegsführung Erdoğans. Es hat keine Angriffe von Seiten Rojavas in Richtung Türkei gegeben. Erdoğan fürchtet den Selbstorganisierungsprozess der Menschen in Rojava, es wäre der Albtraum des Potentaten eine autonome und von kurdischen Menschen mitbestimmte Region im Norden Syriens, als beispielgebendes emanzipatives Gesellschaftsmodell akzeptieren zu müssen. Was dem türkischen Machthaber die Argumentation einer Bedrohung aus Rojava erschwert, ist die Tatsache, dass die Selbstverteidigungseinheiten der YPG/YPJ spätestens seit der Verteidigung der Stadt Kobanê 2014/15, als verlässliche Partner der Anti-IS-Koalition gelten und von den USA militärisch und logistisch unterstützt werden. Durch die Zerschlagung des islamistischen Terrorsystems IS erfuhren die Kämpfer*innen weltweite Anerkennung.</p> <figure aria-describedby="caption-attachment-32282" class="wp-caption alignnone" id="attachment_32282" style="width: 1000px"><img alt="Rojavawilk3" class="size-full wp-image-32282 lazy" data-sizes="(max-width: 1000px) 100vw, 1000px" data-src="https://www.graswurzel.net/gwr/wp-content/uploads/2025/02/RojavaWilk3.jpg" data-srcset="https://www.graswurzel.net/gwr/wp-content/uploads/2025/02/RojavaWilk3.jpg 1000w, https://www.graswurzel.net/gwr/wp-content/uploads/2025/02/RojavaWilk3-300x200.jpg 300w, https://www.graswurzel.net/gwr/wp-content/uploads/2025/02/RojavaWilk3-768x512.jpg 768w, https://www.graswurzel.net/gwr/wp-content/uploads/2025/02/RojavaWilk3-600x400.jpg 600w" decoding="async" height="667" src="data:image/svg+xml,%3Csvg%20xmlns='http://www.w3.org/2000/svg'%20viewBox='0%200%201000%20667'%3E%3C/svg%3E" width="1000"/><figcaption class="wp-caption-text" id="caption-attachment-32282">Flucht. Kinder aus Afrin 2018 – Foto: Michael Wilk</figcaption></figure> <p>Die YPG/YPJ fusionierten im Verlauf mit Selbstverteidigungseinheiten der anderen in Rojava lebenden Ethnien zu den SDF (Syrien Democratic Forces). Dazu zählen die kurdisch-turkmenischen Einheiten, die sunnitisch-arabische Milizen, sowie der assyrisch-aramäische Militärrat der Suryoye. Sie überwachen weiterhin die im Untergrund aktiven Schläferzellen des IS und sorgen zudem für die sichere Verwahrung inhaftierter hochgefährlicher IS-Kämpfer. Die Zusammenarbeit der SDF mit den USA am Punkt der IS-Bekämpfung bietet keinen Schutz gegen die Invasionen und Angriffe der Türkei. Die Rücksichtnahme der USA auf den Nato-Partner Türkei ist groß. In der letzten Amtsperiode Trumps erhielt die Türkei freie Hand und die türkische Armee konnte mit Hilfe der SNA 2019 erneut in kurdische Gebiete Syriens einmarschieren. Zu schaffen machte den Verteidiger*innen Rojavas vor allem ihre Schutzlosigkeit gegenüber den zahllosen Luftangriffen der türkischen Luftwaffe, die mit Kampfflugzeugen und Drohnen nicht nur die Invasionen durch Luftangriffe vorbereitete, sondern auch immer wieder die Zivilbevölkerung und Infrastruktur Rojavas angriff (die GWR berichtete). Der Forderung nach einer Flugverbotszone unter internationaler Überwachung wurde nicht nachgekommen. Die Vertreter*innen der Bundesrepublik reagierten nicht oder nur zurückhaltend auf die anhaltenden Angriffe und den staatlichen Terror der Türkei. Ein Stopp der deutschen Waffenlieferungen an die Krieg führende Türkei ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Beim letzten Besuch von Bundeskanzler Scholz in Ankara, wurde die Lieferung von deutschen Eurofightern in Aussicht gestellt.<br/> Trotz absehbarer Fruchtlosigkeit, versuchten Selbstverwaltung, (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) und SDF den Konflikt mit der Türkei durch den Rückzug einiger Einheiten zu entschärfen. Diese wurden nach Vereinbarung durch russische Patrouillen und Soldaten des ungeliebten Assad-Regime ersetzt. Ein weitgehendes erfolgloses Unterfangen. Russland verfolgte die Interessen Assads und nicht die der Selbstverwaltung, es kungelte ebenso mit Erdoğan, der seinerseits mit Russland engere Beziehungen anstrebt. Es ergab sich die bizarre Situation, in Rojava in kurzem Abstand, bzw. engerem Raum, russischen und amerikanischen Panzerfahrzeugen begegnen zu können, die sich untereinander in Ruhe ließen und auch gegenüber der Türkei keinen Schutz darstellten. So verzeichnete vor allem das letzte Jahr 2024 eine gehäufte Anzahl von Drohnenangriffen und Beschießungen, die unberechenbar Menschen tötete, schwer verletzte und eine große Anzahl wichtiger Infrastruktur (Wasser- und Energieversorgung, Ernährung, medizinische Versorgung) zerstörte. Der Terror der Luftangriffe sollte, neben Tod und Zerstörung, auch die mentale Verfassung der Menschen zermürben und das Vertrauen in die Selbstverwaltung schädigen. Dies war der Status quo bis zum November 2024, dem Monat, in dem das Ende des Assad-Regimes eingeleitet wurde.</p> <p><strong>Das Ende der Assad-Diktatur</strong></p> <p>Schon mit dem Beginn der Offensive zeigten sich unterschiedliche Strategien und Ziele der beteiligten Milizverbände. Während die HTS die Vertreibung der Assad-Armee aus Städten und strategisch wichtigen Plätzen forcierte, griffen die türkischen SNA-Milizen von Anfang an Gebiete unter kurdischer Kontrolle an. Zuerst traf es Sheba, hier lebten tausende Menschen, die bereits 2018 aus Afrin vor den Invasionstruppen und der marodierenden SNA geflohen waren. Während westliche Medien vor allem über das Ende des Assad-Regimes berichteten, wiederholten sich die schrecklichen Szenen einer Flucht mit Todesangst vor Mord und Todschlag der SNA-Miliz. Über 120.000 Menschen wurden erneut vertrieben, sie flüchteten nach Osten in Richtung Rojava, erlitten ein weiteres Mal das Trauma der Vertreibung. Wieder erfroren Kinder auf der Flucht. Die Selbstverwaltung konnte im Kontakt mit der HTS erreichen, dass zumindest ein Fluchtkorridor geöffnet wurde. Hier zeigte sich zum ersten Mal ein relevanter Unterschied zwischen HTS und der unter dem Kommando der Türkei agierenden SNA-Söldner. Diese setzte ihre Angriffe fort, es gelang ihr die Stadt Minbic auf der Westseite des Euphrat einzunehmen. Die SNA versucht den Euphrat zu überqueren und in Richtung Kobanê zu marschieren, der Stadt, die 2014 in erbittertem Widerstand der Eroberung durch den IS trotzte. SDF-Einheiten verteidigen die Brücken über den Euphrat und verhindern dadurch den weiteren Vormarsch der islamistischen Söldner. Die USA, mit ca. 2.000 Militärs vor Ort, versuchen zwischen der Türkei und der Selbstverwaltung zu vermitteln und stationierten mehr symbolisch eine kleine Einheit in Kobanê. Die Geflohenen verteilten sich vor allem auf die größeren Städte Tabka, Rakka, Haseke,und Qamislo, die Unterbringung und Versorgung bereiten Selbstverwaltung und Hilfsorganisationen allergrößte Probleme. Vor dem Hintergrund der zuvor bereits stark zerstörten Infrastruktur, stark beschädigter Wasser- und Energieversorgung, droht Rojava auch ohne eine weitere Invasion eine humanitäre Katastrophe. Im Sinne der Kriegsstrategie der Türkei dienen die vertriebenen Menschen zur Destabilisierung der gesellschaftlichen Situation Nordostsyriens.</p> <p><strong>Die Absicht Erdoğans</strong></p> <p>Die Lage der Menschen in Nordostsyrien ist bedrückend. Die Angriffe der SNA werden mit türkischer Unterstützung fortgesetzt. Jeden Tag gibt es Feuergefechte und Luftangriffe mit Toten und Verletzten. Der türkische Staatspräsident Erdoğan droht weiterhin mit einem großangelegten Angriffskrieg gegen die Autonomieregion. Taktisch geschickt hat er sein militärisches Repertoire um ein ziviles Angebot erweitert. Scheinbar im Widerspruch zum hemmungslosen Waffeneinsatz, bietet er einen neuen Dialogprozess mit Abdullah Öcalan zur Lösung der kurdischen Frage an, verbunden mit der Forderung zum Niederlegen der Waffen von Seiten der PKK. Dieser Vorschlag war vor etwa drei Monaten von Erdoğans Mehrheitsbeschaffer und Koalitionspartner, dem Anführer der ultrarechten Nationalistischen Bewegung (MHP) Devlet Bahçeli, eingebracht worden, der zuvor immer wieder die Todesstrafe für Öcalan gefordert hatte. Es ist davon auszugehen, dass der Vorschlag zum Dialog in enger Absprache mit Erdoğan erfolgte. Die Doppelstrategie aus scheinbarem Friedensangebot einerseits und fortgesetztem Krieg andererseits, ist der schwierigen innenpolitischen Situation der Türkei geschuldet. Erdoğan ist interessiert an einer weiteren Amtszeit als Präsident, die laut jetziger Verfassung unmöglich ist. Die Lösung wäre aus seiner Sicht eine Änderung der Verfassung oder vorzeitige Neuwahlen, für die er allerdings kaum eine Mehrheit im Parlament findet, außer es gelingt ihm, Stimmen der pro-kurdischen DEM zu gewinnen. Was ohne Handreichung aussichtslos erscheint. Er bespielt folglich alle Register, verfolgt die Spaltung der kurdischen Bewegung, bietet die Option einer Freilassung Öcalans unter der Bedingung der Entwaffnung an, während er gleichzeitig militärisch agiert. Er gibt sich als starker Führer und fabuliert von einem neu entstehenden Osmanischen Reich, auch auf dem Gebiet Syriens. Dieser osmanische Neoimperialismus dient auch als Ablenkung von einer durch die Decke gehenden Inflation und Verteuerung der Waren in der Türkei, einer zunehmenden Verelendung bedingt durch den Kaufkraftverlust der türkischen Bevölkerung und überfüllten Gefängnissen. Offen ist, wie die kurdische Bewegung und Öcalan letztlich reagieren. Wie glaubwürdig kann die Offerte eines Mannes sein, der Kriegsverbrechen, Mord und Totschlag zu verantworten hat und erkennbar zu weiterem skrupellosen Agieren bereit ist?</p> <p><strong>Perspektive</strong></p> <p>Wer glaubt, dass das Ende der Assad-Diktatur automatisch frei-
heitliche und friedliche Perspektiven für die Bevölkerung Syriens eröffnet, sieht sich getäuscht. So geht nicht nur das Kämpfen und Töten in Rojava weiter, auch die jüngst vom Assad-Regime befreiten Gebiete blicken einer ungewissen Zukunft entgegen. Ahmed al-Scharaa, Anführer der HTS, ist der neue starke Mann im Staat. Er, der bis vor Kurzem den Kampfnamen Abu Muhammad al-Dscholani trug und beim IS und bei al-Kaida aktiv war, spricht von einer Übergangszeit von bis zu vier Jahren bis zur Möglichkeit von Wahlen. Ein langer Zeitraum, ausreichend zum Setzen von Eckpfeilern, die, betrachtet man das bisherige Wirken der HTS in Idlib, wenig mit Demokratie, sondern mehr mit einem erzkonservativen, islamistischen Herrschaftssystem zu tun haben. Unter dem Namen „Syria Salvation Government“ (SSG) wurde von der HTS eine Regionalregierung eingesetzt, die auch Ansprechpartner für die in der Region tätigen internationalen Hilfsorganisationen ist. Berichte beschreiben die Politik der HTS als pragmatisch, auch um westliche Hilfsgelder kassieren zu können. So dürfen Mädchen zur Schule gehen und Frauen studieren, christliche Kirchen bekommen Aufbauhilfe. Nach dem Ende der Assad-Regierung und nun in Damaskus residierend, bedient Al-Scharaa vorerst verdiente Mitkämpfer und Führungspersönlichkeiten der Miliz mit Posten. Deren Vergangenheit lässt Schlimmes befürchten. So ist der neu ernannte Justizminister al-Waisi auf einem Video zu sehen, wie er 2015 die Hinrichtung einer Frau beaufsichtigt, der Prostitution vorgeworfen wurde. Al-Scharaa kündigt an, die HTS aufzulösen. Das ist leicht gesagt und clever, wenn sie im gleichen Moment zur Kernstruktur der neuen staatlichen Armee wird. Auch die Auflösung der SDF wird von ihm gefordert, was nicht nur Erdoğan, sondern vor allem die im Untergrund lauernden Schläferzellen des IS freuen dürfte. Ein Horrorszenario, wenn sich die zunehmende Hegemonie der HTS auf die Bewachung der inhaftierten IS-Kämpfer ausdehnen würde. Trotz der düsteren Perspektive eines Systems, in dem nicht nur Frauen mit Diskriminierung und einem islamistischen Wertesystem rechnen müssen, ist al-Scharaa der Mann, um den man nicht herumkommt. Auch die Selbstverwaltung Rojavas bemühte sich aktuell um seine Unterstützung für einen Fluchtkorridor, als die Menschen vor den SNA-Milizen aus Sheba flohen. Ob die in diesem Fall erfolgreiche Absprache auch perspektivisch trägt, ist fraglich. Anzunehmen ist, dass auch die HTS kein Interesse an einer Weiterexistenz eines autonomen Rojava haben dürfte. Islamistisches Hegemoniestreben zeichnet sich nicht gerade durch Akzeptanz anderer, schon gar nicht emanzipativer Gesellschaftsmodelle aus. Es ist davon auszugehen, dass es, wenn schon nicht zu einer militärischen Auseinandersetzung wie mit der SNA, zu einer starken sozialen Auseinandersetzung kommt, die besonders in den Regionen und Städten mit arabischer Mehrheit zu einem Loyalitätsverlust gegenüber der Selbstverwaltung AANES und der SDF führen wird. Die Einbindung der arabischen Bevölkerung in den südlichen Euphrat-Regionen war, nachdem z. B. in der Stadt Rakka viele mit dem IS durchaus sympathisiert und von ihm profitiert hatten, eine der größten Herausforderungen. Die Überwindung alter Feindschaften und tief sitzendem Misstrauen zwischen Teilen der kurdischen und der arabischen Bevölkerung ist ein mühseliges Projekt, das erst am Beginn stand. Hier wäre mehr Zeit nötig gewesen. Es gilt als offenes Geheimnis, dass große Anteile der arabisch-stämmigen Menschen dem Selbstverwaltungsmodell Nordostsyriens nur notgedrungen folgten, weil der IS besiegt und strukturell weitgehend zerstört war. Hier die bestehenden Ressentiments anzufeuern, dürfte der HTS leichtfallen, weil mit großer Sicherheit viele arabische Menschen einem Modell IS-light zuneigen. Mit propagandistischen Versprechungen kann die Erosion Rojavas forciert werden. Auf diese Option hoffen auch die noch existierenden Strukturen des IS, dessen Schläferzellen nur darauf warten, dass sich die Spezialeinheiten der SDF zurückziehen. Die Folgen, eine mögliche Wiedererstarkung des IS, wären fatal. Eine Gefahr, die der internationalen Anti-IS-Koalition unter Führung der USA klar ist. Ob im besagten Fall die HTS dauerhaft willig und in der Lage ist, den lauernden IS zu bekämpfen und zu einem diesbezüglich ähnlich verlässlichen Partner wie die SDF zu werden, kann bezweifelt werden. Dies könnte einen guten Grund darstellen, die SDF weiter zu unterstützen, was jedoch das zu Grunde liegende sozial-gesellschaftliche Problem einer mangelnden Einbindung der arabischen Bevölkerung nicht zu lösen vermag. Eine polizeiliche bzw. militärische Unterdrückung einer solchen Dynamik ist keine Lösung, widerspräche sie doch den Prinzipien des Gesellschaftsvertrags Nordostsyriens.<br/> Das rapide Ende des Assad-Regimes beendete nicht nur die Terror-Autokratie der Familiendynastie in Syrien, sondern ebenso schlagartig den massiven Einfluss Russlands und des Irans in der Region. Die Einflussbereiche werden neu ausgerichtet, hier sind die Interessen Westeuropas und der USA vor allem geostrategischer und ökonomischer Natur. Frühzeitig gilt es, die Claims abzustecken. Jeder Player agiert nach seinen Möglichkeiten. Auch Russland beeilte sich mit der Anerkennung der neuen Situation und nahm Kontakt zu den neuen Machthabern auf, gilt es doch den Weiterbestand seiner Luftwaffen- und Marinebasis in Syrien zu retten. Die israelische Regierung unter Netanjahu nutzte die Situation zu einer Bombardierung von Waffenlagern und Militärlogistik in Syrien und erweiterte ihr Annektionsgebiet auf den Golanhöhen. Erdoğan, der die HTS und SNA-Milizen schon lange finanziell, militärisch und logistisch unterstützt, gibt sich als Retter und Beschützer Syriens. Er erhebt Ansprüche auf nordsyrische Gebiete. Nach dem Sturz Assads zollten sämtliche diplomatischen Vertreter*innen Europas der islamistischen HTS Beifall, einer Miliz, die in ihrer Geschichte auch für Hinrichtungen, Folter und Gewalt gegen Frauen bekannt ist. Auch die „feministische“ Außenpolitikerin Annalena Baerbock hat sich diesbezüglich flexibel gezeigt. Dass der Islamist al-Scharaas ihr den Händedruck verweigerte und die Bilder von ihr vom islamistischen TV-Sender verpixelt wurden, deutet an wie sehr die Frauenrechte in Syrien zukünftig gefährdet werden. Erfahren im Schütteln blutiger Potentaten-Hände, wird die Bundesaußenministerin moralische Standards an politische Erfordernisse anpassen, auch wenn Noch-Außenministerin Baerbock vorerst verkündet, dass Europa kein Geldgeber neuer islamistischer Strukturen werde. Wie es um ihr moralisches Durchhaltevermögen beschaffen ist, stellte die grüne Ministerin bei einem Besuch in der Türkei unter Beweis, wo sie in Kenntnis der Erdoğanschen Kriegsverbrechen, die türkische Forderung nach Entwaffnung der syrischen Kurden unterstützte. Die anhaltende Treue gegenüber der Türkei hat Tradition, sie ist der Dank für Wächterdienste in Flüchtlingsfragen und NATO-Partnerschaft. Die Doppelmoral hat Hochkonjunktur, wenn Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt die territoriale Integrität Syriens betont, während die Türkei seit Jahren Teile des Landes annektiert und islamistische Mördermilizen schwere Menschenrechtsverletzungen begehen lässt. Europas Regierungen ergehen sich diesbezüglich in konsequenzlosen Ermahnungen und Appellen gegenüber der Erdoğanregierung. Vergessen, wer den Kampf gegen den IS führte, die 11.000 toten kurdischen und SDF Kämpfer:innen, die 21.000 schwerverletzten und verstümmelten jungen Menschen. Die Bevölkerung Rojavas wird – nicht zuletzt von der Bundesregierung – ohne jeden Skrupel auf dem Altar des „notwendigen Zweckpragmatismus“ geopfert. Die Infrastruktur Rojavas wurde in den Kämpfen gegen den IS zu weiten Teilen zerstört und mühsam wieder aufgebaut, um nun erneut von SNA und Erdoğans Luftwaffe verwüstet zu werden. Auf Hilfe und Unterstützung des Westens warten die Menschen vergebens. Das Interesse des Westens erlosch weitgehend nach der Zerschlagung des IS. Umso bitterer, wenn jetzt womöglich große Summen Geldes für die Förderung von Islamisten mobilisiert werden, die weichgespült als Djihadisten-light auftreten.</p> <p><strong>Fazit</strong></p> <p>Die Menschen Rojavas sind in höchster Gefahr. Mit ihnen eine Gesellschaft emanzipativer Versuche und Errungenschaften, die Basisdemokratie, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Minderheitenschutz und Religionsfreiheit zu erstrebenswerten Prinzipien erhoben hat. Die Menschen und ihr Gesellschaftsmodell haben es verdient, gefördert zu werden. Es kann als Orientierungshilfe und Beispiel dienen, gerade in Situationen gesellschaftlicher Neustrukturierung. Finanziert werden von den Staaten Europas hingegen mörderische Diktaturen, die Menschenrechte mit Füßen treten.<br/> Wichtig sind Proteste zur Unterstützung Rojavas. Sie werden wahrgenommen. Unsere Aufgabe ist die Herstellung von Gegenöffentlichkeit, außerdem die materielle und personelle Hilfe bei Projekten in Rojava.</p> <div class="footnotes"> <small> </small><p><a name="fn1"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/perspektiven-fuer-nordostsyrien/#ref1">(1)</a> Spenden sind möglich an medico international oder auch an M. Wilk, „Gesundheitshilfe“, DE77510500150173070939 (hier keine steuerwirksamen Quittungen)<br/> <a name="fn2"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/perspektiven-fuer-nordostsyrien/#ref2">(2)</a> HTS, Hai’at Tahrir asch-Scham (Komitee zur Befreiung der Levante, auch Organisation zur Befreiung Syriens), ist ein Bündnis verschiedener islamistischer Milizen, das als Nachfolger der an al-Qaida angelehnten al-Nusra-Front gilt. 2017 gegründet, hat sich die Gruppe im Verlauf von al-Qaida und dem IS losgesagt und auch konkurrierende Gruppierungen dieser Ausrichtungen bekämpft. Diese Abgrenzung dient sowohl ihrer Außendarstellung als „gemäßigte Kraft“ als auch ihrem Hegemonialanspruch, der sich in der Region Idlib zu einer de facto Regierung entwickelte. Obwohl massenhaft, inklusive ihres Führers al-Dschaulani (jetzt Al-Scharaa), aus ehemaligen Al-Nusra-Kämpfern bestehend, agierte sie geschickt, gab sich weichgespült, ließ Demonstrationen gegen ihre Organisation zu und gab sich freundlich gegenüber Mitgliedern der christlichen Gemeinde. Obwohl sowohl nicht nur von Russland, sondern ebenso von der Türkei, Kanada und den USA als Terrororganisation eingestuft, gelang es ihr zum potentiellen Ansprech- ja Bündnispartner des Westens aufzusteigen. Dass sich an ihrer islamistischen Kernausrichtung etwas änderte, kann bezweifelt werden. Ihr werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, darunter Folter, Hinrichtungen und Diskriminierung von Frauen, sowie die Unterdrückung politischer Gegner*innen. Das geschickte Auftreten al-Dschaulanis, der u. a. versicherte, westliche Länder nicht angreifen zu wollen, machte ihn attraktiv als Bündnispartner. Nachdem die HTS im Handstreich das Assad-Regime zu Fall brachte, erstrahlte Dschaulani/Scharaa für viele (auch westliche Medien) als Lichtgestalt eines neuen Syriens, vor allem für jene, die nur das Ende des Assad-Terrors sahen und weniger den islamistischen Charakter der neuen Macht.<br/> <a name="fn3"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/perspektiven-fuer-nordostsyrien/#ref3">(3)</a> SNA, Syrische Nationale Armee. Die Miliz ist ein Zusammenschluss mehrerer Rebellengruppen. Sie gehört mit der Revolutionären Kommandoarmee und Hai’at Tahrir asch-Scham zu den drei größten gegen das Assad-Regime kämpfenden Milizen im Syrischen Bürgerkrieg. Die SNA kooperiert eng mit der türkischen Regierung und agiert in den von der Türkei besetzten Gebieten. Ihr werden in diesem Zusammenhang schwerste Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen vorgeworfen, darunter Freiheitsberaubungen, Folter, Mord und Vergewaltigung, ferner Plünderung und Zerstörung von Weltkulturerbe.</p> </div> <div class="footnotes"> <small> <div class="footnotes"> <div class="footnotes"> <p><small><strong>Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Graswurzelrevolution. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es <em><a href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/2023/10/2020/08/2020/08/service/schnupperabo/">hier.</a></em></strong></small></p> <h6><small><strong>Wir freuen uns auch über Spenden auf unser <a href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/spenden/">Spendenkonto</a>.</strong></small></h6> </div> </div> </small> </div> <p class="entry-tags"> </p>
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February 19, 2025 at 11:50 AM
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editorial
Alles so schön bunt hier?
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Alles so schön bunt hier?
<p style="text-align: justify;">Liebe Leser:innen,</p> <p style="text-align: justify;">Erich Fried (1921–1988) gehört mit seinen politischen „Warngedichten“ seit meiner Jugend zu meinen Lieblingslyrikern. Kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland wurde sein Vater im Mai 1938 von der Gestapo zu Tode gefoltert. Daraufhin floh Erich nach London, wo er bis zu seinem Tod lebte. In der Erzählung „Der große Tag von Linz“ erinnert sich der Antifaschist an den 12. März 1938 und die Live-Radioübertragung von Hitlers Triumphzug von Passau nach Linz, die er, zutiefst schockiert, mit seinem Vater in ihrer Wiener Wohnung wie gelähmt verfolgte.<br/> Ein Gefühl der Lähmung empfinden heute viele Menschen angesichts des extremen Rechtsrucks, der sich nicht nur in den USA mit der „Machtergreifung“ des Trumpismus zeigt. In Österreich zeichnet sich eine Koalition der rechtskonservativen ÖVP unter Führung der zunehmend neofaschistischen FPÖ ab. Jens Kastner aus Wien fragt in seinem Artikel auf Seite 2 dieser GWR mit Blick auf den FPÖ-Hetzer Kickl: „Bekommt Österreich jetzt den ‚Volkskanzler’?“ Es scheine fast so, „als wollten Liberale und Konservative beweisen: Der linke Demospruch, dass hinter dem Faschismus das Kapital steckt, […] zwar plump, aber wahr“ sei.<br/> Bei der Bundestagswahl am 23. Februar in Deutschland droht Ähnliches. Es zeichnet sich ein Sieg der unter Friedrich Merz stark nach rechts gewanderten Union ab. Die vom reichsten Mann der Welt, Elon Musk, unterstützte AfD liegt in Umfragen vier Wochen vor der Wahl bei über 20 Prozent.<br/> Vor einem Jahr gab es die größten antifaschistischen Proteste in der Geschichte der Bundesrepublik. Millionen Menschen gingen auf die Straße, nachdem die als „Remigration“ verniedlichten Deportationspläne der AfD bekannt wurden. Jetzt lässt sich Kanzlerkandidat Merz von Trump inspirieren und will seine bei der AfD abgekupferten Massenabschiebungspläne „am ersten Tag“ umsetzen, auch mit den Stimmen der AfD. Gegen die rassistische Hetze und den aufkommenden Faschismus gehen jetzt wieder zigtausende Antifas auf die Straße. Gut so! Am 25. Januar 2025 waren es in Berlin 100.000 und in Köln 40.000 Menschen. In der Kleinstadt Riesa demonstrierten am 11. Januar 15.000 gegen den AfD-Parteitag (siehe Bericht auf Seite 4).<br/> Was hilft? Klimaaktivist Tino Pfaff beschreibt in seinem Artikel „Gerecht, sozial und resilient“ die Vergesellschaftung als Antwort auf den neuen Feudalfaschismus (S. 3 f.).<br/> Der Faschismus ist ein schleichender Prozess. Es kommt darauf an, ihn zurückzudrängen – überall. Wir brauchen Zivilcourage, soziale Bewegungen gegen rechts, eine solidarische Sicht von unten, einen langen Atem, Utopien und Gegenöffentlichkeit.</p> <h5 style="text-align: justify;">Blick in die GWR 496</h5> <p style="text-align: justify;">In der neuen Ausgabe ermöglichen wir Euch wieder einen Blick über den europäischen Tellerrand. Ein Schwerpunkt sind die internationalen Berichte zu den Ereignissen in Südkorea (S. 1, 8), den Kriegen im Nahen Osten (S. 1, 5 ff.) und der Situation in Rojava nach dem Ende der Assad-Diktatur in Syrien (S. 9 ff.).<br/> Licht in finsteren Zeiten bringen die Artikel zur Contraste (S. 13 f.), zur Basisinitiative Project Shelter (S. 15), Katja Einsfelds Interview mit einer anarchistischen Gruppe (S. 16f.), Gisela Notz’ Artikel über die Anarchistin Federica Montseny (S. 20) und Peter Nowaks Artikel „Punk meets Klassenkampf“ (S. 24). Ans Herz legen möchte ich Euch außerdem das „Grüne Scheinlösungen“-Interview mit Kathrin Hartmann (S. 21), Antonia Grecos Prozessbericht „ ‚Der Mönch von Lützerath‘ vor Gericht“ (S. 23), Olga Karatchs Artikel „Frauen und Gerechtigkeit in Kriegszeiten“ (S. 19), den Artikel zum Veteranentag (S. 18) und die Glossen von Elmar Wigand (S. 22) und Maurice Schuhmann (S. 12).</p> <h5 style="text-align: justify;">Medienschau</h5> <p style="text-align: justify;">In der taz vom 18. Januar 2025 findet sich ein interessantes Interview mit dem Filmemacher und Graswurzelrevolution-Autor Robert Krieg über Salpeter-Abbau in Chile und seinen Dokumentarfilm „Weißes Gold“ <a name="ref1"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/alles-so-schoen-bunt-hier/#fn1">(1)</a>.<br/> In der Contraste Nr. 484 vom Januar 2025 erschien unter dem Titel „Die Graswurzelrevolution lebt“<br/> ein Interview von Maurice Schuhmann mit mir <a name="ref2"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/alles-so-schoen-bunt-hier/#fn2">(2)</a>.<br/> Zu dem eher ungewöhnlichen Thema „Scheitern“ hat Jens Kastner die Kunsthistorikerin Sophia Rowetter und mich für die österreichische Zeitschrift der IG Bildende Kunst „Bildpunkt“ Nr. 71 (Winter 2024/25, Seite 11 ff.) interviewt <a name="ref3"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/alles-so-schoen-bunt-hier/#fn3">(3)</a>.<br/> Wir sehen uns beim Klimastreik am 14. Februar oder bei einer der vielen Demos in den nächsten Wochen.</p> <p style="text-align: right;">Viel Spaß beim Lesen,<br/> Anarchie und Sonnenschein,<br/> Bernd Drücke (GWR-Koordinationsredakteur)</p> <div class="footnotes"> <small> </small><p><a name="fn1"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/alles-so-schoen-bunt-hier/#ref1">(1)</a> <a href="https://taz.de/Regisseur-ueber-Salpeter-Abbau-in-Chile/!6058795">https://taz.de/Regisseur-ueber-Salpeter-Abbau-in-Chile/!6058795</a><br/><a name="fn2"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/alles-so-schoen-bunt-hier/#ref2">(2)</a> <a href="http://www.contraste.org/">http://www.contraste.org/</a><br/><a name="fn3"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/alles-so-schoen-bunt-hier/#ref3">(3)</a> <a href="https://igbildendekunst.at/bildpunkt_/sisyphos-als-gluecklichen-menschen-vorstellen">https://igbildendekunst.at/bildpunkt_/sisyphos-als-gluecklichen-menschen-vorstellen</a></p> </div> <p class="entry-tags"> </p>
www.graswurzel.net
February 13, 2025 at 7:22 PM
Solidarität mit #Israel's #graswurzelbewegung
Die deutsche Regierung hat den israelischen Friedensorganisationen #newprofile und Zochrot die Unterstützung entzogen
#Israel #antimilitarismus #feminismus #gwr496

https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/
Solidarität mit Israels Graswurzelbewegung!
<div class="entry-intro"> <p>Am 7. Oktober 2023 hat die islamistische Hamas bei einem Terrorangriff auf Israel über 1.000 Menschen ermordet und über 200 Menschen als Geiseln verschleppt. Als Reaktion auf den Massenmord befehligte die extrem rechte Regierung Israels einen Angriff auf den Gazastreifen. Bis zum Inkrafttreten des Waffenstillstands am 19. Januar 2025 hat Israels Armee im Gaza-Krieg mehr als 60.000 Palästinenser*innen getötet und große Teile Gazas dem Erdboden gleichgemacht. Die deutsche Regierung unterstützt Netanjahus Kriegspolitik nicht nur mit Waffenlieferungen. Seit Juni 2024 verweigert sie den israelischen Friedensorganisationen Zochrot <a name="ref1"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#fn1">(1)</a> und New Profile <a name="ref2"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#fn2">(2)</a> die Unterstützung. Obwohl sich beide NGOs gewaltfrei für Frieden und Menschenrechte einsetzen, hat ihnen die Bundesregierung die außenpolitische Unbedenklichkeit bzw. Förderfähigkeit entzogen. Beide Organisationen sind Teil der israelischen Friedensbewegung (siehe Kasten). Wie die Graswurzelrevolution und weltweit 90 weitere Organisationen in 45 Ländern ist New Profile Mitglied der War Resisters’ International (WRI). Die antimilitaristische Organisation setzt sich für die Rechte von Kriegsdienstverweigernden ein und plädiert für eine Gesellschaft, die auf zivilem Engagement und gewaltfreien Lösungen basiert. Die GWR fordert ihre Leser*innen auf, die Solidaritätskampagne der Kurve Wustrow <a name="ref3"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#fn3">(3)</a> für Zochrot und New Profile zu unterstützen. Im folgenden Artikel beschreibt die New Profile-Mitarbeiterin und Feministin Or ihre Sicht als israelische Aktivistin auf die Entwicklungen. (GWR-Red.)</p> </div> <p>Es fühlt sich seltsam an, in dieser verrückten Zeit über etwas zu schreiben, das nicht mit dem Genozid <a name="ref4"></a><a class="footnoteReferer" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#fn4">(4)</a> zu tun hat. Aber natürlich passiert keine Gräueltat, ob in der heutigen Zeit oder in der Vergangenheit, einfach so, im luftleeren Raum. Es gibt viele Faktoren auf lokaler und internationaler Ebene, die die Situation beeinflussen. Ich will versuchen, einen Teil der Zusammenhänge der gegenwärtigen Situation zu beschreiben.<br/> Es ist merkwürdig, von einem möglichen Waffenstillstand zu hören, während ich von ganzem Herzen hoffnungsvoll sein und mich freuen möchte, aber gleichzeitig Angst habe, dass das Leid und die ethnischen Säuberungen nicht aufhören werden.<br/> Dieser Artikel wurde von mir als Mitarbeiterin von New Profile geschrieben. New Profile ist eine israelische Bewegung, die innerhalb der israelischen Gesellschaft arbeitet. Das ist unser Kontext, der Zusammenhang, auf dem dieser Wortlaut und unsere Gefühle beruhen. Wir sind eine feministische, antimilitaristische Organisation, und das ist die Brille, die wir in unserer täglichen, nicht-hierarchischen Arbeit aufsetzen, daran glauben wir, das sind unsere Werte. Das ist auch der Kontext, in dem dieser Artikel geschrieben ist. Die Mehrheit der Menschen in dieser Bewegung hat keine palästinensische Herkunft.<br/> Und obwohl wir viele Jahre lang als Einzelpersonen und als Bewegung mit Palästinenser*innen zusammengearbeitet haben, erheben wir nicht den Anspruch, die Stimmen „aller Palästinenser*innen“ zu vertreten (als ob es das geben könnte, eine Stimme, die von „allen“ aus einer Gruppe von Menschen stammt).</p> <p><strong>Die Geschichte von New Profile</strong></p> <p>New Profile ist eine feministische, antimilitaristische Basisorganisation. Sie begann ihre Arbeit vor 25 Jahren, als Frauen zusammenkamen und darüber sprachen, wie sie gegen die größte israelische „heilige Kuh“ – die Armee – kämpfen könnten.<br/> Sie informierten sich gemeinsam über die Militarisierung, sprachen, lasen, sammelten Informationen, schrieben über die Auswirkungen und verbreiteten das an alle, die bereit waren, zuzuhören.<br/> Diese Frauen, die Aktivistinnen waren, verstanden, welchen Einfluss die Militarisierung auf die Gesellschaft hat, insbesondere auf marginalisierte Gemeinschaften und ganz besonders auf Palästinenser*innen.<br/> Sie sahen die Wahrheit über die Erscheinungen des Militärs, die männliche Macht, die Gewalt und die durch Rachsucht bestimmten Werte.<br/> New Profile begann als eine Bewegung von Freiwilligen, und bis heute wird ein Großteil der Arbeit von Freiwilligen geleistet. Es gibt sechs Teilzeitmitarbeiter*innen, die die Projekte koordinieren: Bildung und Öffentlichkeitsarbeit, soziale Medien, DIMSE – eine Datenbank für israelische Militär- und Sicherheitsexporte – Ressourcenentwicklung und unser Kernprojekt, das Beratungsnetzwerk, zu dem ein Anwalt und Freiwillige gehören.<br/> Das Beratungsnetzwerk begleitet alle, die die Entscheidung getroffen haben, nicht in die Armee einzutreten oder ihren Armeedienst zu beenden, da wir alle Gründe dafür als politisch ansehen. Die Gründe sind vielfältig: Menschen, die ihre Familien finanziell unterstützen müssen, andere, die einen kranken Verwandten haben, Trans-Menschen, die Angst haben, missbraucht und schikaniert zu werden, Frauen, die von anderen Soldaten sexuell missbraucht wurden, Menschen, die mit Depressionen und Angstzuständen zu kämpfen haben, Menschen, die ihre berufliche Karriere fortsetzen wollen, Menschen, die dachten, sie könnten das System von innen heraus verändern (und verstanden haben, dass das nicht möglich ist), Menschen, die sich der Besatzung widersetzen, Menschen, die nicht töten oder getötet werden wollen, und viele mehr.<br/> Seit Jahren erleben wir im Beratungsnetzwerk die Versuche der Armee, es den Menschen schwer zu machen, sich von der Armee zu befreien. Seit dem Beginn der aktuellen Aggression gegen Gaza und des Genozids ist es noch schwieriger geworden. Die Armee versucht, die Menschen, die sich weigern, einzuschüchtern, indem sie sie mit längeren Haftstrafen und Geldstrafen belegt, Ausnahmeregelungen, die in der Vergangenheit gewährt wurden, rückgängig macht, Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen einsetzt, von denen die Menschen als egoistisch beschimpft werden, oder Kommissare schickt, um sie zu demütigen.<br/> Dennoch steigt die Zahl der Menschen von Tag zu Tag, die sich an das Beratungsnetz wenden, um Unterstützung bei der Befreiung vom Militärdienst zu bekommen.</p> <p><strong>Die faschistische Gefahr</strong></p> <p>An vielen Orten in der Welt ist der Faschismus auf dem Vormarsch. Dies manifestiert sich durch eine Vielzahl von staatlichen Instrumenten, wie die Beeinträchtigung von Men-schenrechtsaktivist*innen, die Kriminalisierung von Organisationen und ihrer Agenda, ihrer Symbole und Worte. Das alles neben der Zunahme des Waffenhandels, Waffen im öffentlichen Raum und physischer Gewalt gegen Demonstrant*innen.<br/> Als Organisation von Aktivist*innen sind wir eine große Zielscheibe für die Regierung. Auch wenn wir derzeit nicht mit direkten Angriffen konfrontiert sind, sind wir seit Jahren nicht in der Lage, die Jugend zu erreichen, in Schulen zu gehen oder einige unserer Ansichten zu verkünden.<br/> Das wird umso schwieriger, je mehr man auf den israelischen Straßen das Gefühl hat, dass sich alles mehr nach rechts bewegt, dass immer mehr Menschen der Regierung ihre Lügen abkaufen, dass wir einen „totalen Sieg“ erringen werden, oder dass die Palästinenser*innen die neuen Nazis sind. Es ist beängstigender geworden, so etwas Grundlegendes zu sagen wie: „In Gaza sterben Babys.“<br/> Die Tatsache, dass Hunderttausende rekrutiert wurden, bedeutet mehr Soldat*innen, mehr Menschen, die täglich indoktriniert werden und aufgrund dieser Gehirnwäsche glauben, dass ihre Familien in Gefahr sind und sie deshalb jeden Palästinenser töten müssen, dass wir nur so als Juden in Israel Sicherheit haben können. Es bedeutet auch, dass es mehr Menschen gibt, die Gewalt ausüben, die an Kriegsverbrechen teilnehmen, die jeden Tag tote Menschen sehen. Wir wissen, dass eine Gesellschaft niemals solche Gräueltaten ausüben kann, ohne den Kern der Gesellschaft zu zerstören. Je mehr Menschen der Gewalt ausgesetzt sind, bedeutet das auch, mehr Traumata, mehr Soldaten, die ihren Nachbarn, ihren Familienmitgliedern und sich selbst gegenüber gewalttätig werden. Diese Menschen sind ein Teil der Gesellschaft und haben Auswirkungen auf die Gesellschaft.<br/> Der Anstieg des sozialen und ökonomischen Gesamt-Preises, den die israelische Gesellschaft und insbesondere die Soldaten zahlen, ist groß. Aber die Regierung will dies verbergen, da es wichtiger ist, die Zerstörung fortzusetzen und schnellere Schritte in Richtung eines „Groß-Israel“ zu unternehmen. Sie sieht es so, dass dies nicht nur den Gazastreifen umfasst, sondern auch Teile des Libanons und Syriens, in die die israelische Armee derzeit einmarschiert. Und wer weiß, wie weit sie noch gehen wollen, da die biblische Geschichte von Land spricht, das zur Zeit Saudi-Arabien, Iran, Ägypten und mehr umfasst.<br/> Palästinenser*innen mit einer israelischen Staatsbürgerschaft (PCI) sind auch ein Teil der Gesellschaft, die von innen heraus zerstört wird, da sie ein klares Ziel für den Anstieg von Gewalt und Kontrolle sind. Seit Oktober 2023 hören wir immer mehr Geschichten von PCI, denen gekündigt wurde, weil jüdische Israelis (JI) behaupten, zu viel Angst zu haben, wenn sie in ihrer Umgebung Arabisch hören. Sie behaupten, dass das Trauma des 7. Oktobers der Beweis dafür sei, dass alle Palästinenser*innen Terroristen sein könnten. In anderen Berichten ist die Rede von Banden, die Palästinenser*innen auf der Straße verprügeln oder ihnen den Zutritt zu öffentlichen Plätzen verwehren. Die Regierung hat nie versucht, dem Einhalt zu gebieten oder für die Sicherheit ihrer palästinensischen Bürger-*innen zu kämpfen, ganz im Gegenteil. Wenn ein PCI in den sozialen Medien etwas über den Massenmord veröffentlicht (und sei es nur, um daran zu erinnern, dass Kinder getötet werden), läuft er Gefahr, in Verwaltungshaft genommen zu werden, dass sein Haus durchsucht wird und seine Familienmitglieder eingeschüchtert werden.<br/> Palästinenser*in-nen, die in den 1967 besetzten Gebieten (Ostjerusalem und Westbank) leben, sind einer ähnlichen Gefahr ausgesetzt, und zwar in noch größerem Ausmaß. Einige vergessen, dass die ethnische Säuberung nicht an der Grenze zu Gaza endet, obwohl die Menschen in Gaza bei weitem am meisten leiden. Die Aggressionen gegen Palästinenser*innen in Gaza haben nicht erst im Oktober 2023 begonnen, auch die militärische Kontrolle in der Westbank begann bereits früher und wurde mit den Jahren immer schrecklicher. Die Beispiele von Gewalt gegen Palästinenser*innen seit Oktober 2023 sind zahlreich und beinhalten Angriffe von Siedlern (die von der israelischen Armee geschützt werden), die in Gruppen von jungen bewaffneten Männern unterwegs sind und Gewalt ausüben, wo immer sie wollen. Das umfasst das Anzünden von Olivenbäumen, von landwirtschaftlichen Flächen, Häusern und Autos, das Werfen von Steinen auf Kinder und ältere Menschen, das Töten und vieles mehr. Wir wissen auch von Anlässen, bei denen Siedler Hilfsgütertransporte mit Lebensmitteln und Medikamenten auf dem Weg nach Gaza angriffen, die Ladung zerstörten und die palästinensischen Fahrer verprügelten. Es ist mir wichtig, hervorzuheben, dass dies nicht im Oktober 2023 begonnen hat, sondern im Laufe der Jahre immer schlimmer wurde und sich vor allem seit Oktober 2023 verstärkt hat. Manchmal haben wir als Aktivist*innen Angst, dass sich der Massenmord in Gaza auf andere Teile Palästinas ausweiten wird.<br/> Wenn man all das sieht, zusammen mit anderen Grausamkeiten in der Welt, wird es schwieriger, an der Hoffnung festzuhalten, aber glücklicherweise erlaubt es uns, das Beratungsnetzwerk von New Profile, zu sehen, dass die Zahl der Menschen, die nicht in der Armee dienen oder am Krieg teilnehmen wollen, deutlich gestiegen ist. Es stimmt, dass über dieses Phänomen so gut wie nirgends in den Medien berichtet wird, da es für keine Seite von Vorteil ist, darüber zu sprechen, aber wir wissen, wie wichtig der Anstieg der Zahl von Menschen ist, die den Kriegsdienst verweigern, denn weniger Soldaten bedeutet weniger menschliche Kraft, weniger Fähigkeit zu kämpfen oder weniger Land zu besetzen, was wiederum weniger Gräueltaten bedeutet.<br/> Aber es wird schwieriger. Ein Teil dessen, was unsere Arbeit erschwert, ist, dass es schwieriger geworden ist, Geldmittel zu beschaffen. Einige der Faktoren dafür sind die weltweite Finanzlage, der Aufstieg des Faschismus und die Streichung von Mitteln für Stiftungen und Organisationen. Auf der ganzen Welt. Daneben gibt es auch „linke“ Stiftungen, die gegen die pro-palästinensische Bewegung sind, da sie eine gerade Linie gezogen haben, um Antisemitismus oder die Unterstützung von Terrorismus mit jedem in Verbindung zu bringen, der sich dem Genozid widersetzt. So wurden im Oktober 2023 sechs palästinensische Organisationen vom Empfang finanzieller Unterstützung gestrichen. Es handelt sich u. a. um Al Haq, Defense of Children International-Palestine (DCIP) und das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte in Gaza. Lasst uns alle uns an sie erinnern und ihnen helfen, ihre wichtige Arbeit weiterzuführen.<br/> Neben den palästinensischen Organisationen, denen die Mittel gestrichen wurden, haben auch viele israelische Menschenrechtsorganisationen ihre Mittel verloren. Einige Stiftungen sehen keinen Grund mehr, den Kampf von innen heraus zu unterstützen. Andere betrachten die gemeinsame Arbeit von Palästinenser*innen und jüdischen Israelis als Normalisierung. All das führt zu zunehmenden Versuchen der israelischen Regierung, die Steuer auf Spenden zu erhöhen und neue Gesetze einzuführen, die Menschenrechtsorganisationen in die Gefahr bringen, ihre Arbeit nicht fortsetzen zu können. Schon heute sind immer mehr in Israel registrierte Organisationen, sowohl von Jüdinnen, Juden als auch von Palästinenser*innen, von der Schließung bedroht.<br/> Verbindungen zwischen Israel und Deutschland<br/> Die deutsche Regierung und viele deutsche Bestimmungen unterstützen die israelische Besatzung und die rechtsgerichtete Agenda der Netanjahu-Regierung. Ein großer Teil davon ist der Waffenhandel. Seit Oktober 2023 ist Deutschland einer der größten Lieferanten von Waffen und Kriegstechnologie an Israel, was sich auf 30 % addiert. Deutschland war und ist immer noch der wichtigste Partner Israels in der EU, was die Zusammenarbeit von Rüstungsunternehmen der verschiedenen Länder, die Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Kriegstechnologie und die Menge an Kriegs- und Kontrollmaterial angeht, die Deutschland von Israel kauft.<br/> In Zeiten, in denen Palästina das Labor ist, in dem Israel seine Kriegstechnologie testet und entwickelt, in Zeiten, in denen Israel der Welt beweist, dass seine Waffen „kampferprobt“ sind – auf dem Rücken der Palästinenser*innen, da hat Deutschland als ein solcher Hauptpartner und haben die deutschen Steuerzahler*innen eine große Verantwortung für diese Situation.<br/> Wenn der deutsche Staat palästinensischen und linken israelischen Organisationen die finanziellen Mittel streicht, erhöht es gleichzeitig die Käufe von israelischen Rüstungsunternehmen. Das ist nicht nur eine heuchlerische Politik, sondern auch eine klare anti-palästinensische Haltung.<br/> Menschenrechtsfeindliche Politik<br/> Wenn Deutschland in seiner Verfassung das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung hat, aber antimilitaristischen Organisationen wie New Profile die finanzielle Unterstützung streicht, ist das nicht nur scheinheilig, sondern eine menschenrechtsfeindliche Politik. Wenn Deutschland neue Gesetze erlässt, um pro-palästinensische Aktivist*innen zu kriminalisieren, und den Begriff „Antisemitismus“ zu einer Art Waffe missbraucht, beweist es damit, dass Deutschland selbst die wahren Rassisten sind. Wenn Deutschland also behauptet, es unterstütze das Existenzrecht des israelischen Volkes, bedeutet das, dass es das Recht des Volkes unterstützt, im Krieg und unter einer faschistischen Regierung zu leben, die die Bevölkerung mit militaristischen Überzeugungen indoktriniert und in Gefahr bringt. Da die Besatzung, die ethnischen Säuberungen und der Massenmord ständig zunehmen, könnten wir alle die Nächsten sein. Wieder einmal steht Deutschland auf der falschen Seite der Geschichte und wieder einmal kollaboriert Deutschland mit Genoziden, sei es in Palästina, im Sudan, in Myanmar oder sonst wo auf der Welt.<br/> Als Aktivist*innen werden wir sehr oft gefragt, was wir denken, was die Menschen in Deutschland tun können. Um diese Frage zu beantworten, muss ich ehrlich sein und sagen, dass es wirklich von der jeweiligen Person abhängt, da unterschiedliche Menschen unterschiedliche Fähigkeiten haben. Aber unterm Strich haben alle in Deutschland lebenden Menschen die Möglichkeit, ihre Umgebung zu beeinflussen. Sei es, dass man Druck auf die Politiker*innen ausübt, sei es, dass man mehr über die Situation erfährt und diese Informationen verbreitet, sei es, dass man Menschen in der Pro-Palästina-Bewegung dabei unterstützt, nicht mehr kolonialistisch oder rassistisch gegeneinander oder gegen die israelische Linke zu sein, sei es, dass man keine Produkte kauft, die die Ungerechtigkeit und Gewalt unterstützen, oder dass man keine Fake News verbreitet.<br/> Für andere kann es bedeuten, auf Demos zu gehen und sie zu organisieren, andere können Essen für Demonstrant*innen kochen oder Geld für die Hungerhilfe in Gaza spenden. Du kannst sogar deine Kunst nutzen, um Geld zu sammeln, um Demonstrant*innen, die von der Polizei unterdrückt wurden, mental zu unterstützen. Letztendlich ist es wichtig, deinen Weg des Widerstands zu finden und deinen Weg der Unterstützung.</p> <div class="footnotes"> <small> </small><p><a name="fn1"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#ref1">(1)</a> https://www.zochrot.org/welcome/index/en<br/> <a name="fn2"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#ref2">(2)</a> www.newprofile.org/en<br/> <a name="fn3"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#ref3">(3)</a> https://www.kurvewustrow.org/aktuelles/bundesregierung-friedensorganisationen-israel-unterstuetzung-entzogen<br/> <a name="fn4"></a><a class="footnoteBacklink" href="https://www.graswurzel.net/gwr/2025/02/solidaritaet-mit-israels-graswurzelbewegung/#ref4">(4)</a> Amnesty International (ai) erhebt in einem fast 300 Seiten starken Bericht schwere Vorwürfe gegen das Netanjahu-Regime. ai untersuchte neun Monate lang Menschenrechtsverletzungen von Israel im Gazastreifen und kommt zu dem Schluss, dass der israelische Staat einen Genozid an Palästinenser*innen begeht.<br/> Siehe: https://www.sn.at/politik/weltpolitik/amnesty-bericht-israel-genozid-gaza-169595059 ; https://www.amnesty.de/israel-gaza-genozid-voelkermord-amnesty-bericht-informationen-hintergruende</p> </div> <div class="footnotes"> <small> </small><p>Übersetzung aus dem<br/> Englischen für die GWR:<br/> Helga Weber / Bernd Drücke<br/> – with a little help from deepl</p> <p>Über die Autorin:<br/> Or ist eine langjährige Aktivistin für die Befreiung von Mensch und Tier. Die New Profile-Mitarbeiterin glaubt zutiefst an Veränderung.</p> <div class="footnotes"> <div class="footnotes"> <p><small><strong>Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe der Graswurzelrevolution. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es <em><a href="https://www.graswurzel.net/gwr/2023/10/2020/08/2020/08/service/schnupperabo/">hier.</a></em></strong></small></p> <h6><small><strong>Wir freuen uns auch über Spenden auf unser <a href="https://www.graswurzel.net/gwr/spenden/">Spendenkonto</a>.</strong></small></h6> </div> </div> </div> <p class="entry-tags"> </p>
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February 8, 2025 at 4:16 PM