Christoph Heshmatpour
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heshi.bsky.social
Christoph Heshmatpour
@heshi.bsky.social
Theorie statt Therapie (he/him)
irgendwer der wahrscheinlich eher gewaltvoll vorgegangen ist hat sich das land irgendwann angeeignet und dann andere leute tribut zahlen lassen um darauf karotten anzubauen oder whatever.
March 14, 2025 at 7:19 PM
ja stimmt das ist die "sakralisation" von eigentum die auch piketty thematisiert: der banker wird sagen "ich hab mir das verdient das ist meins". in dem buchabschnitt den ich oben zusammengefasst habe gehts aber weniger um hohes einkommen sondern großen besitz wie eben zb ganze landstriche
March 14, 2025 at 7:17 PM
wie meinst du das genau? bin nicht sicher ob ich da mitkomm
March 14, 2025 at 3:16 PM
ein rein proportioneller steuersatz begünstigt die akkumulation großer reichtümer während des gesamten "langen" 19. jahrhunderts ab der französischen revolution. wir stehen auf seite 178/1.198
March 14, 2025 at 3:15 PM
für piketty hat vor allem das steuersystem diese ungleichheiten begünstigt: zb eine rein proportionelle steuer von 1 % auf alle in direkter linie vererbte güter. progressive erbschaftssteuern wurden erst ab 1901 eingeführt - immer noch sehr moderat mit einem höchststeuersatz bis 6,5 %
March 14, 2025 at 3:15 PM
piketty schreibt dass das ihn stark beschäftigt: 1789 wurden angeblich alle ungerechtfertigten vorrechte von adel und klerus abgeschafft - trotzdem war die folgende gesellschaft sogar (in bezug auf vermögen) ungleicher als die "trifunktionelle". woran liegt das?
March 14, 2025 at 3:15 PM
jetzt schreibt er ein paar seiten über den père goriot und balzac und generell die romane aus dieser zeit der jahrhundertwende die auch als die "belle époque" bezeichnet wird. kennzeichen dieser zeit ist eine extreme und steigende ungleichheit - 100 jahre nach der abschaffung aller "privilegien"
March 14, 2025 at 3:15 PM
er geht im detail auf aufzeichnungen von erbschaften im 19. jahrhundert in paris ein: die oberen 10 prozent erben 80-90 prozent allen privateigentums. und: je reicher desto größer der anteil an finanzvermögen (unternehmensanteile anleihen usw.) das vererbt wird.
March 14, 2025 at 3:15 PM
dafür dass piketty in der einleitung geschrieben hat er verstehe die kritik am eurozentrismus oder der westlichen brille am "kapital im 21. jahrhundert" und wolle das in "kapital und ideologie" anders machen verwendet er schon sehr viel platz auf die darstellung der französischen situation
March 14, 2025 at 3:15 PM
die französische gesellschaft war im 19. jahrhundert nach dem ende der monarchie weiterhin extrem ungleich, im vergleich zur vorrevolutionären gesellschaft verstärkten sich sogar die ungleichheiten zwischen armen und reichen bevölkerungsteilen bis zum 1. weltkrieg
March 14, 2025 at 3:15 PM
dass "eigentum" gar nicht so legitim ist also der diskurs ist in unserer gesellschaft ja oft "das hab ich mir verdient das ist mein eigentum niemand darf da was wegnehmen" zb in bezug auf vermögenssteuern
March 13, 2025 at 2:54 PM
darüber schreibt piketty nix sein argument ist halt zb ja der lokale fürst besitzt diesen wald und der gehört ihm aber wenn man weit genug in der geschichte zurückgeht ist immer irgendwann der moment der (oft gewaltvollen) aneignung also irgendwann hat jemand gesagt "dieser wald gehört mir"
March 13, 2025 at 2:47 PM
so urteilt piketty und das war schon kapitel 3 es folgr kapitel 4: die proprietaristische gesellschaft in frankreich. wir stehen auf seite 160/1.198
March 13, 2025 at 2:27 PM
im endeffekt ist die proprietaristische ideologie ein potenziell überzeugender diskurs da persönliches eigentum auch dazu dient individualität auszudrücken aber auch eine ungleiche ideologie die eine bestimmte soziale herrschaftsform fördert die denen nutzt die bereits oben in der hierarchie stehen
March 13, 2025 at 2:27 PM
jedenfalls sagt piketty muss das proprietaristische argument der "stabilität" ernst genommen und präzise analysiert werden auch im zusammenhang mit der eng verzahnten meritokratischen erzählung von chancengleichheit und persönlicher gestaltungskraft
March 13, 2025 at 2:27 PM
ein beispiel: am ende der sklaverei wurden die ehemaligen besitzer großzügig entschädigt (und nicht die versklavten!) weil eben historische "eigentumsrechte" nicht in frage gestellt werden sollten. es war ja legal gewesen menschen zu versklaven und sie als ware zu handeln.
March 13, 2025 at 2:27 PM
die große schwäche der proprietaristischen ideologie sagt piketty ist dass historische eigentumsrechte meist legitimationsprobleme haben: am anfang steht oft die gewaltsame inbesitznahme die sich in dauerhafter ungleichheit manifestiert.
March 13, 2025 at 2:27 PM
denn wir müssen bedenken dass die "proprietaristischen" gesellschaften aus den trifunktionellen hervorgehen und eine eigene stabilitätserzählung benötigen. die "natürliche" ordnung von adel klerus und drittem stand existiert nicht mehr
March 13, 2025 at 2:27 PM
weil wenn wir anfangen umzuverteilen stellt irgendwann wer überhaupt das konzept "miete" in frage oder "eigentum" an sich! deshalb wird so verbissen um historische eigentumsrechte gekämpft, piketty nennt das "eine natürliche reaktion auf die angst vor dem nichts"
March 13, 2025 at 2:27 PM
die sozialdemokratischen nachkriegsgesellschaften nennt piketty einen "kritischen proprietarismus" der versucht hat privateigentum im sinne höherer ziele zu nutzen - letztlich waren diese versuche für ihn ungenügend und unvollendet. wir stehen auf seite 154/1.198
February 18, 2025 at 8:31 AM
diesen abschnitt abschließend führt piketty aus: sind die "privilegien" der eliten abgeschafft bestehen innerhalb des proprietaristischen schemas unterschiedliche wege um die neue ideologie zu etablieren. bis 1914 setzt sich ein "übersteigertet proprietarismus" durch
February 18, 2025 at 8:31 AM
die basis der proprietaristischen ideologie ist das versprechen dass grundsätzlich alle unabhängig von herkunft oder sozialer stellung eigentum besitzen können - im gegensatz zur trifunktionellen gesellschaft deren basis die klar definierten rollen sozialer gruppen waren (adel klerus dritter stand)
February 18, 2025 at 8:31 AM
insgesamt zeigt die französische revolution ein muster das sich in der geschichte wiederholt sagt piketty: das spannungsfeld der proprietaristischen ideologie zwischen emanzipativen elementen und der sakralisierung privater eigentumsrechte - egal wie groß diese sind oder wie sie erworben wurden
February 18, 2025 at 8:31 AM