Andrea Kießling
@andkiessling.bsky.social
Prof @ Goethe-Uni Frankfurt am Main | Gesundheits- und Sozialrecht, Migrationsrecht, Polizeirecht
Abgesehen davon müsste der Gesetzgeber nun Studien anführen, die die Eignung und Erforderlichkeit der jeweiligen Sanktionen belegen.
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October 10, 2025 at 10:09 AM
Abgesehen davon müsste der Gesetzgeber nun Studien anführen, die die Eignung und Erforderlichkeit der jeweiligen Sanktionen belegen.
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...was man meiner Meinung nach bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen muss.
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October 10, 2025 at 10:09 AM
...was man meiner Meinung nach bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen muss.
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Für bloße Meldeversäumnisse kann man meiner Meinung nach nicht die Leistungen für die Unterkunft streichen und auch mit der Streichung des vollen Regelsatzes habe ich meine Probleme, weil der Bezug zur Überwindung der Bedürftigkeit mittelbarer ist als bei den anderen Pflichtverletzungen, ...
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October 10, 2025 at 10:09 AM
Für bloße Meldeversäumnisse kann man meiner Meinung nach nicht die Leistungen für die Unterkunft streichen und auch mit der Streichung des vollen Regelsatzes habe ich meine Probleme, weil der Bezug zur Überwindung der Bedürftigkeit mittelbarer ist als bei den anderen Pflichtverletzungen, ...
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Nun zu den Plänen der aktuellen Regierung:
Wichtig ist, dass sich diese Passage in Rn. 209 NUR auf den Fall bezieht, dass jemand eine zumutbare Arbeit, die in vollem Umfang seinen Lebensunterhalt sichern würde, ablehnt. Für alle anderen Konstellationen kann man sie nicht heranziehen.
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Wichtig ist, dass sich diese Passage in Rn. 209 NUR auf den Fall bezieht, dass jemand eine zumutbare Arbeit, die in vollem Umfang seinen Lebensunterhalt sichern würde, ablehnt. Für alle anderen Konstellationen kann man sie nicht heranziehen.
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October 10, 2025 at 10:09 AM
Nun zu den Plänen der aktuellen Regierung:
Wichtig ist, dass sich diese Passage in Rn. 209 NUR auf den Fall bezieht, dass jemand eine zumutbare Arbeit, die in vollem Umfang seinen Lebensunterhalt sichern würde, ablehnt. Für alle anderen Konstellationen kann man sie nicht heranziehen.
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Wichtig ist, dass sich diese Passage in Rn. 209 NUR auf den Fall bezieht, dass jemand eine zumutbare Arbeit, die in vollem Umfang seinen Lebensunterhalt sichern würde, ablehnt. Für alle anderen Konstellationen kann man sie nicht heranziehen.
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In Kauf genommen würden damit aber Obdachlosigkeit und Verelendung sowie soziale Exklusion – was eigentlich gerade den sozialstaatlichen Auftrag auf den Plan rufen müsste. Auch aus Sicht der Gesellschaft übrigens, die kein Interesse an diesen Folgen haben kann.
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October 10, 2025 at 10:09 AM
In Kauf genommen würden damit aber Obdachlosigkeit und Verelendung sowie soziale Exklusion – was eigentlich gerade den sozialstaatlichen Auftrag auf den Plan rufen müsste. Auch aus Sicht der Gesellschaft übrigens, die kein Interesse an diesen Folgen haben kann.
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Aber was bedeutet die Passage für die Dauer und den Umfang von „Sanktionen“? Man könnte sie so verstehen, dass der völlige Wegfall auch der Leistungen für Unterkunft und Heizung zulässig ist und dies sogar unbefristet.
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October 10, 2025 at 10:09 AM
Aber was bedeutet die Passage für die Dauer und den Umfang von „Sanktionen“? Man könnte sie so verstehen, dass der völlige Wegfall auch der Leistungen für Unterkunft und Heizung zulässig ist und dies sogar unbefristet.
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Zu der neuen Totalsanktion der Ampel hatte ich hier letztes Jahr etwas geschrieben: verfassungsblog.de/totalverweig...
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Totalverweigerung des Existenzminimums?
verfassungsblog.de
October 10, 2025 at 10:09 AM
Zu der neuen Totalsanktion der Ampel hatte ich hier letztes Jahr etwas geschrieben: verfassungsblog.de/totalverweig...
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... sondern führt eine „Fiktion der Nichtbedürftigkeit“ ein – dass tatsächlich Bedürftigkeit vorliegt, ist unerheblich. In diesen Fällen besteht also eigentlich verfassungsrechtlich schon kein Anspruch auf existenzsichernde Leistungen.
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October 10, 2025 at 10:09 AM
... sondern führt eine „Fiktion der Nichtbedürftigkeit“ ein – dass tatsächlich Bedürftigkeit vorliegt, ist unerheblich. In diesen Fällen besteht also eigentlich verfassungsrechtlich schon kein Anspruch auf existenzsichernde Leistungen.
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Was genau diese Passage bedeutet, ist unklar. Das Gericht prüft hier meiner Meinung nach nicht mehr die Verhältnismäßigkeit von Sanktionen (dies zeigt sich sprachlich auch an der Einleitung dieser Passage mit der Formulierung „anders liegt dies folglich“), ...
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October 10, 2025 at 10:09 AM
Was genau diese Passage bedeutet, ist unklar. Das Gericht prüft hier meiner Meinung nach nicht mehr die Verhältnismäßigkeit von Sanktionen (dies zeigt sich sprachlich auch an der Einleitung dieser Passage mit der Formulierung „anders liegt dies folglich“), ...
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Wichtig ist nun noch eine Passage am Ende des Urteils (Rn. 209). Hierauf hat schon die Ampel letztes Jahr verwiesen, als sie Sanktionen in Höhe von 100 % des Regelsatzes für maximal zwei Monate eingeführt hat, wenn jemand eine zumutbare Arbeit nicht aufnimmt (§ 31a Abs. 7 SGB II).
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October 10, 2025 at 10:09 AM
Wichtig ist nun noch eine Passage am Ende des Urteils (Rn. 209). Hierauf hat schon die Ampel letztes Jahr verwiesen, als sie Sanktionen in Höhe von 100 % des Regelsatzes für maximal zwei Monate eingeführt hat, wenn jemand eine zumutbare Arbeit nicht aufnimmt (§ 31a Abs. 7 SGB II).
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Das BVerfG hat außerdem betont, dass Wohnungslosigkeit kontraproduktive Effekte haben kann (Rn. 194). Insgesamt scheint in verschiedenen Passagen des Urteils durch, dass das Gericht Wohnungslosigkeit als etwas betrachtet, was zu vermeiden ist.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Das BVerfG hat außerdem betont, dass Wohnungslosigkeit kontraproduktive Effekte haben kann (Rn. 194). Insgesamt scheint in verschiedenen Passagen des Urteils durch, dass das Gericht Wohnungslosigkeit als etwas betrachtet, was zu vermeiden ist.
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Sanktionen über 30 % sind also nicht per se verfassungswidrig. Man benötigt meiner Meinung nach aber nun Studien, die die Eignung und Erforderlichkeit nachweisen. Zur Erforderlichkeit sagte das BVerfG z.B. Folgendes:
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Sanktionen über 30 % sind also nicht per se verfassungswidrig. Man benötigt meiner Meinung nach aber nun Studien, die die Eignung und Erforderlichkeit nachweisen. Zur Erforderlichkeit sagte das BVerfG z.B. Folgendes:
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Die Verfassungswidrigkeit iHv von 60/100% wurde damit begründet, dass keine tragfähigen Erkenntnisse vorlagen, die Eignung und Erforderlichkeit der Sanktionen belegten; für Sanktionen in Höhe von 30% ließ das BVerfG die Erkenntnisse wegen der geringeren Intensität des Grundrechtseingriffs ausreichen
October 10, 2025 at 10:03 AM
Die Verfassungswidrigkeit iHv von 60/100% wurde damit begründet, dass keine tragfähigen Erkenntnisse vorlagen, die Eignung und Erforderlichkeit der Sanktionen belegten; für Sanktionen in Höhe von 30% ließ das BVerfG die Erkenntnisse wegen der geringeren Intensität des Grundrechtseingriffs ausreichen
2. Zur Höhe:
Das BVerfG hat 2019 Sanktionen in Höhe von 30% für verfassungsgemäß erklärt, nicht aber in Höhe von 60 oder 100%.
Die Verfassungswidrigkeit der Sanktionen iHv von 60/100% wurde NICHT mit einer etwaigen absoluten Unverhältnismäßigkeit begründet. Dies wird oft falsch dargestellt.
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Das BVerfG hat 2019 Sanktionen in Höhe von 30% für verfassungsgemäß erklärt, nicht aber in Höhe von 60 oder 100%.
Die Verfassungswidrigkeit der Sanktionen iHv von 60/100% wurde NICHT mit einer etwaigen absoluten Unverhältnismäßigkeit begründet. Dies wird oft falsch dargestellt.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
2. Zur Höhe:
Das BVerfG hat 2019 Sanktionen in Höhe von 30% für verfassungsgemäß erklärt, nicht aber in Höhe von 60 oder 100%.
Die Verfassungswidrigkeit der Sanktionen iHv von 60/100% wurde NICHT mit einer etwaigen absoluten Unverhältnismäßigkeit begründet. Dies wird oft falsch dargestellt.
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Das BVerfG hat 2019 Sanktionen in Höhe von 30% für verfassungsgemäß erklärt, nicht aber in Höhe von 60 oder 100%.
Die Verfassungswidrigkeit der Sanktionen iHv von 60/100% wurde NICHT mit einer etwaigen absoluten Unverhältnismäßigkeit begründet. Dies wird oft falsch dargestellt.
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Pflichtverletzungen im engeren Sinne haben einen engen Bezug zur Überwindung der Bedürftigkeit (etwa bei Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit) oder überwinden die Bedürftigkeit unmittelbar (bei konkreten Jobangeboten). Dies muss man mMn bei der Bewertung von Sanktionen berücksichtigen.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Pflichtverletzungen im engeren Sinne haben einen engen Bezug zur Überwindung der Bedürftigkeit (etwa bei Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit) oder überwinden die Bedürftigkeit unmittelbar (bei konkreten Jobangeboten). Dies muss man mMn bei der Bewertung von Sanktionen berücksichtigen.
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Auch die Sanktionierung bei Meldeversäumnissen zielt sicher auf die Überwindung der Bedürftigkeit, sie tut dies aber indirekter als Sanktionen, die auf die Verletzung von Mitwirkungspflichten im engeren Sinne reagieren.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Auch die Sanktionierung bei Meldeversäumnissen zielt sicher auf die Überwindung der Bedürftigkeit, sie tut dies aber indirekter als Sanktionen, die auf die Verletzung von Mitwirkungspflichten im engeren Sinne reagieren.
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Das BVerfG hat 2019 nur über Sanktionen entschieden, die an Pflichtverletzungen im engeren Sinne anknüpfen (vgl. § 31 SGB II), nicht aber über Meldeversäumnisse.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Das BVerfG hat 2019 nur über Sanktionen entschieden, die an Pflichtverletzungen im engeren Sinne anknüpfen (vgl. § 31 SGB II), nicht aber über Meldeversäumnisse.
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Der Gesetzgeber darf hingegen nicht durch Sanktionen „repressiv Fehlverhalten“ ahnden.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Der Gesetzgeber darf hingegen nicht durch Sanktionen „repressiv Fehlverhalten“ ahnden.
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Der Gesetzgeber darf zweitens für den Fall, dass Menschen solche Mitwirkungspflichten ohne wichtigen Grund nicht einhalten (also eine Pflichtverletzung begehen), Sanktionen vorsehen, um so ihre Mitwirkung an der Überwindung der eigenen Bedürftigkeit durchzusetzen.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Der Gesetzgeber darf zweitens für den Fall, dass Menschen solche Mitwirkungspflichten ohne wichtigen Grund nicht einhalten (also eine Pflichtverletzung begehen), Sanktionen vorsehen, um so ihre Mitwirkung an der Überwindung der eigenen Bedürftigkeit durchzusetzen.
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Der Gesetzgeber darf erstens Mitwirkungspflichten einführen, die das Ziel verfolgen, dass Menschen die eigene Hilfebedürftigkeit durch Erwerbsarbeit vermeiden oder überwinden, soweit die Pflichten ausgerichtet an diesem Ziel verhältnismäßig sind.
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Der Gesetzgeber darf erstens Mitwirkungspflichten einführen, die das Ziel verfolgen, dass Menschen die eigene Hilfebedürftigkeit durch Erwerbsarbeit vermeiden oder überwinden, soweit die Pflichten ausgerichtet an diesem Ziel verhältnismäßig sind.
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Deswegen darf der Gesetzgeber verlangen, dass die Betroffenen an der Überwindung ihrer Bedürftigkeit selbst aktiv mitwirken. Hieraus ergibt sich, inwiefern Sanktionen zulässig sein können:
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October 10, 2025 at 10:03 AM
Deswegen darf der Gesetzgeber verlangen, dass die Betroffenen an der Überwindung ihrer Bedürftigkeit selbst aktiv mitwirken. Hieraus ergibt sich, inwiefern Sanktionen zulässig sein können:
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1. Zum Anlass:
Hartz IV/Bürgergeld/Grundsicherung (Name egal) setzen Bedürftigkeit voraus. Der Gesetzgeber darf die Inanspruchnahme dieser Leistungen an den Nachranggrundsatz binden, „also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können“ (Rn. 123)
Hartz IV/Bürgergeld/Grundsicherung (Name egal) setzen Bedürftigkeit voraus. Der Gesetzgeber darf die Inanspruchnahme dieser Leistungen an den Nachranggrundsatz binden, „also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können“ (Rn. 123)
October 10, 2025 at 10:03 AM
1. Zum Anlass:
Hartz IV/Bürgergeld/Grundsicherung (Name egal) setzen Bedürftigkeit voraus. Der Gesetzgeber darf die Inanspruchnahme dieser Leistungen an den Nachranggrundsatz binden, „also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können“ (Rn. 123)
Hartz IV/Bürgergeld/Grundsicherung (Name egal) setzen Bedürftigkeit voraus. Der Gesetzgeber darf die Inanspruchnahme dieser Leistungen an den Nachranggrundsatz binden, „also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können“ (Rn. 123)