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Börse am Sonntag
u.a. Update zu Babcock International
dirkhagemann.substack.com
December 1, 2025 at 3:12 PM
Börse am Sonntag
Liebe Leser, wenn ihr abgesehen von diesem Newsletter schon lange nichts mehr richtig Dummes angesehen habt, dann kann ich diesen Podcast mit Nicolas Bullwinkel empfehlen. Er war Mitgründer des Schnell-Lieferdienstes Flink und ist nun CEO der Circus SE, die mit einer endlosen Abfolge marktschreierischer Unternehmensmeldungen auffällt und Küchenautomation zur autonomen Speisenzubereitung an Großabnehmer verkaufen will. Zitat: “Flink hat den Kühlschrank disrupted und Circus disrupted die ganze Küche.” Und dieser Newsletter disrupted dummschwätzende Podcasts und ihre Hosts. Ein Börsenbrief meint diese Woche: Der strategische Wert europäischer Telekomkonzerne liegt 80-100% über den aktuellen Kursen. Er macht das u.a. am Gebot in Höhe von 17 Mrd. Euro am französischen Anbieter SFR fest und sieht Preiserhöhungen für Mobilfunkkunden voraus. Den Wert von United Internet berechnet dieser Börsenbrief in dem Zusammenhang mit 63 Euro. Was KI betrifft, wurde in den vergangenen Jahren sehr viel über GPU Computing als Arbeitspferd in Training und Anwendung moderner KI geschrieben. Auch wenn die Aktienkurse von Micron Technology und SK Hynix mittlerweile etwas anderes sagen: Über den kommenden Bedarf an Speicherchips wurde viel zu lange zu wenig geredet. War das nicht vorhersehbar? Read more
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October 30, 2025 at 2:45 PM
Zum Goldmarkt
_Ich habe gestern einenPodcast mit Pierre Lassonde angehört, in dem er über den derzeitigen Goldmarkt spricht. Er ist u.a. Mitgründer der Franco-Nevada Corp., die in den 1980ern das erste börsennotierte Gold-Royalty Unternehmen war, das also nicht selbst Bergbau betreibt, sondern in Minen investiert und am Fördererlös beteiligt ist._ _Weil ich das Gespr äch so interessant fand, gebe ich hier die wesentlichen Inhalte seiner Aussagen wieder:_ * * * Der Gold-Bullenmarkt der Jahre 1970 bis 1980 war einer der größten der letzten hundert Jahre. Wie Sie wissen, stieg der Goldpreis von 35 US-Dollar im August 1971 auf 800 US-Dollar im Januar 1980. Der größte Teil dieses Anstiegs ereignete sich in den letzten vier Jahren dieses Zeitraums. Was wir heute erleben, ist diesem Bullenmarkt sehr ähnlich. Wir durchleben eine Zeit, in der Gold als Reservewährung zurückkehrt. Wir sehen dies bei den Zentralbanken, an der Shanghai Gold Exchange und an der Abwertung aller Währungen gegenüber Gold. Wir sehen es auch an der Tatsache, dass der US-Dollar seine Rolle als letzte Reservewährung nicht mehr erfüllt. Wenn man sich die letzten vier Jahre des damaligen Bullenmarktes ansieht, also die Zeit von 1976 bis 1980, stieg der Goldpreis von 90 auf 800 US-Dollar. Ich glaube, wir befinden uns gerade im Äquivalent des Jahres 1976 dieses vierjährigen Bullenmarktes. Ich denke, wir haben noch drei Jahre vor uns, in denen der Preis noch viel weiter steigen wird. Es gibt drei große Fundamentaldaten, die den Goldhandel antreiben: eine Anti-Dollar-Stimmung, sich verschlechternde US-Staatsfinanzen und eine schwindende Glaubwürdigkeit der US-Notenbank. Über diese Themen sprechen wir alle schon seit 20 Jahren. Wir hatten zwar 2011 einen guten Lauf, aber nach all den Jahren fühlt es sich diesmal anders an. Es erinnert mich an ein Zitat von Ernest Hemingway. Auf die Frage, wie er bankrottging, antwortete er: „Auf zwei Wegen: zuerst langsam, dann plötzlich“. Es dauert Jahre über Jahre, bis man an den Punkt kommt, an dem man bankrottgeht. Die USA werden nicht bankrottgehen, weil sie ihr eigenes Geld drucken können. Der Punkt ist jedoch, dass es nicht nur die USA betrifft, sondern die gesamte G20, also die Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die Schuldenmenge, die sie in den letzten fünf Jahren angehäuft haben, ist absolut beispiellos. Kein einziges dieser Länder kann langfristig damit umgehen. Nehmen wir die USA: 1980 betrug das Bruttoinlandsprodukt 7 Billionen US-Dollar bei einer Verschuldung von weniger als einer Billion. 20 Jahre später, im Jahr 2000, verdoppelte sich das BIP auf 14 Billionen, während die Schulden von 1 auf 5 Billionen US-Dollar stiegen. Seit dem Jahr 2000, in den letzten 24 Jahren, hat sich das BIP erneut verdoppelt, doch die Schulden sind von 5 auf 37 Billionen US-Dollar explodiert. Aber wie gesagt, es betrifft nicht nur die USA. Alle Länder haben das gleiche Problem. Sozialausgaben etc. machen bereits 80% des Budgets aus, und die Zinszahlungen kommen noch hinzu. Die Regierungen geraten von allen Seiten unter Druck und reagieren darauf, indem sie die Schulden weiter erhöhen. Wenn man sich das US-Defizit für die nächsten vier Jahre ansieht – dank des großen Gesetzespakets von Herrn Trump – wird es weitere 1,6 Billionen an Schulden hinzufügen. Gleichzeitig drängt er den Vorsitzenden der Notenbank, die Zinsen zu senken. Warum? Weil er versucht, all diese Schulden zu 1% oder 2% zu refinanzieren, nicht zu 5%, 6% oder 7%. Man kann aber sicher sein, dass das lange Ende der Zinskurve – also die Zinsen für langfristige Anleihen – steigen wird. Das nennt man finanzielle Repression. Und genau das ist der Grund, warum sich Gold in einem Bullenmarkt gegenüber allen Währungen befindet. Das ist die Definition eines echten Gold-Bullenmarktes. Wenn man sich die Zentralbanken ansieht, waren sie in den letzten drei Jahren riesige Käufer von Gold, mit rund 1.200 Tonnen pro Jahr. Das entspricht einem Drittel der jährlichen Minenproduktion und hat enorme Auswirkungen auf den Goldpreis. Gleichzeitig ist der Anteil des Dollars an den Reserven der Zentralbanken von 72% vor vier oder fünf Jahren auf heute unter 58% gesunken, während sich die Goldreserven im selben Zeitraum mehr als verdoppelt haben. Die Zentralbanken, insbesondere China, Indien, aber auch die Türkei und Polen, trennen sich von ihren Dollars und kaufen Gold. Sie wollen keine Reservewährung halten, die gleichzeitig die Schuld eines anderen Landes ist. Die Schönheit von Gold liegt darin, dass es eine Währung ist, die nicht die Schuld eines anderen darstellt. Gold steht für sich allein. In dieser Hinsicht entsteht eine neue Weltordnung. Gleichzeitig entwickeln die Chinesen ein Konkurrenzsystem zum SWIFT-System – dem globalen Netzwerk für Banktransaktionen –, um sich aus dem Griff der USA über das weltweite Währungssystem zu befreien. Dieses Vorhaben findet Anklang bei Ländern in Afrika und auch bei Indien. Es gibt also eine Veränderung in der Weltordnung. Was die USA tun könnten, nenne ich einen Taschenspielertrick: Das Gold in Fort Knox, das vom Finanzministerium gehalten wird, könnte an einen anderen Regierungszweig übergeben werden. Dadurch könnten sie einen einmaligen Gewinn von einer Billion Dollar ausweisen, um ihre Bilanz positiver erscheinen zu lassen. Das ist aber nur ein Trick und bedeutet nichts. In einem solchen Fall würden sie ihr Gold neu bewerten, vielleicht auf 3.500 oder 3.800 US-Dollar pro Unze. Ich denke, das würde Gold noch mehr den Glanz einer Reservewährung verleihen. Aber eine Rückkehr zu einem echten Goldstandard, der die Geldschöpfung begrenzt, wird kein Politiker wollen. Dann könnten sie nämlich kein Geld mehr für ihre Klientelpolitik und andere Ausgabenprogramme verwenden. Gestern hielt ich eine Rede auf der Grants Conference in New York und habe die Prognose abgegeben, dass wir bis 2030 einen Goldpreis von 17.250 US-Dollar sehen werden. Natürlich glauben mir einige Leute nicht, und ich weiß, dass es schwer vorstellbar ist. Aber wer die 1970er Jahre miterlebt hat, weiß, dass auch ein Goldpreis von 800 US-Dollar damals schwer vorstellbar war. Da die Shanghai Gold Exchange so wichtig wird und so viel Gold nach China fließt, glaube ich, dass am Ende nicht mehr die USA den Goldpreis bestimmen wird, sondern China. Die Shanghai Gold Exchange könnte sich zu einer Art Casino entwickeln, und in einer solchen Atmosphäre könnten wir Preise weit über 17.000 US-Dollar sehen. Im Jahr 2024 lag der Goldpreis im Durchschnitt bei 2.389 US-Dollar. Im ersten Quartal waren es 2.858, im zweiten 3.286 und jetzt im dritten Quartal 3.455 US-Dollar. Gut geführte Unternehmen wie Agnico Eagle zeigen bereits den Hebel, den der Goldpreis auf ihre Gewinne und ihre Performance hat. Einige mögen überrascht sein, dass die Branche als Ganzes noch keine Rekordgewinne ausweist. Das liegt u.a. am Konzept des High-Grading, also dem bevorzugten Abbau der reichhaltigsten Erze in der Vergangenheit, um Gewinne in Zeiten niedriger Margen zu sichern. Das muss nun wieder ausgeglichen werden. Ich glaube aber, dass wir in diesem Quartal den Durchbruch bei den Gewinnen sehen werden, weil die Margen jetzt bei fast 2.000 US-Dollar pro Unze liegen. Ein Unternehmen wie Agnico Eagle wird in diesem Quartal wahrscheinlich einen freien Cashflow von zwei oder drei Milliarden US-Dollar ausweisen. Das sind wirklich beeindruckende Zahlen, und wir werden das in der gesamten Branche sehen. Was mich am meisten überrascht hat, ist die Tatsache, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit immer noch unglaublich gering ist. Die Anzahl der ausstehenden Anteile des GDX, des VanEck Gold Miners ETF, ist auf einem historischen Tiefstand, obwohl sich der Goldpreis in den letzten acht Jahren verdreifacht hat. Wahrscheinlich haben den Investoren vor vier, fünf oder sechs Jahren gekauft, als er gefallen ist, und verkaufen jetzt, da er wieder gestiegen ist. Ich war kürzlich mit dem Management auf einer Roadshow in Paris und London, was ich seit etwa zehn Jahren nicht mehr gemacht habe. Ich wollte direkt mit Portfoliomanagern sprechen und wissen, wie sie über Gold denken. Ich war wirklich überrascht: Von den 20 Managern, die ich traf, hatte nur einer überhaupt Goldaktien in seinem Portfolio. Das zeigt, dass nicht nur die breite Öffentlichkeit nicht in Gold investiert ist, sondern auch die institutionellen Anleger in Kanada und erst recht in den USA kaum beteiligt sind. Es braucht nicht viel Kapital, das in diesen Sektor fliesst, um die Bewertungen explodieren zu lassen. Es ist immer noch ein kleiner Sektor. Die gesamte Goldbranche hat eine Marktkapitalisierung von vielleicht ein paar hundert Milliarden Dollar. Wenn man alle Royalty-Unternehmen – also Firmen, die Minen finanzieren und dafür an den Erträgen beteiligt werden – hinzurechnet, kommen wir vielleicht auf 500 Milliarden Dollar. Das ist nicht einmal die halbe Marktkapitalisierung von Tesla und nur etwa ein Zehntel von Nvidia. * * * FT Alphaville heute zum Thema: https://www.ft.com/content/ea7ddfae-c3d4-4b17-912a-f5e140335feb
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October 21, 2025 at 2:24 PM
Artnet AG, ein Epilog
Heute fand die letzte Präsenz-Hauptversammlung der Artnet AG statt. Ich war nochmal für die DSW dabei. Nach dem Übernahmeangebot durch Beowolff Capital waren erwartungsgemäß nur noch wenige Aktionäre anwesend. Zu Beginn verkündete der Versammlungsleiter Herr Decker, dass der Vorstand Herr Pabst wegen Meinungsverschiedenheiten mit den neuen Eigentümern über die weitere Ausgestaltung seines Amtes gestern abend mitgeteilt hat, für das Amt nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Dazu muss man wissen, dass sein Dienstvertrag wohl am 31.8. auslief - er aber weiterhin als Vorstand bestellt ist. Das bedeutet nichts anderes, als dass man im August eine HV einberufen hat, obwohl mit dem Vorstand noch gar keine Einigung über seine weitere Tätigkeit erzielt war und der HV-Termin daher so nie hätte festgelegt werden dürfen. Hauptversammlungen ohne Anwesenheit eines Vorstandsmitglieds sind für mich - egal aus welchem Grund - ein rotes Tuch. Es ging heute schliesslich um die Berichterstattung zum vergangenen Geschäftsjahr und es ist absurd, wenn dazu alles vom Aufsichtsratsvorsitzenden vorgetragen wird, der mit dem operativen Geschäft überhaupt nichts zu tun hat und dazu auch keine Fragen beantworten kann. Der Vorstand der Weng Fine Art AG, Herr Weng war anwesend und hat in seiner Rede nochmal kurz die Geschichte der Artnet skizziert. Er meinte, der Wertpapierprospekt sei damals zum Börsengang so fehlerhaft gewesen, dass man für so einen Inhalt heute in den Knast wandern würde. Meine Meinung: Herr Weng, egal wie schlimm oder verlogen der Prospekt war, ich bezweifle, dass man in der Kapitalmarktbananenrepublik Deutschland wegen sowas einfährt. Herr Weng rekapitulierte nochmal die aus seiner Sicht „25-jährige Ausplünderung des Unternehmens”. Es wurde vielfach in die Kasse gegriffen und ggf. dazu passende Dokumente, also wohl Leistungsabrechnungen erstellt. Das Geschäftsmodell von Artnet sei nicht schlecht, aber unredlich umgesetzt worden. Den Vorstand Herrn Pabst sah er als Marionette seines Vaters Hans Neuendorf. Dieser habe seinem Sohn verboten, die mit der Weng Fine Art vereinbarte Kooperation umzusetzen. Herr Weng kündigte an, gegen die verantwortlichen Personen wegen Untreue juristisch vorgehen zu wollen. Es soll demnächst dazu eine öffentliche Mitteilung geben. „Es ist wahnsinnig schwierig, gegen Personen vorzugehen, die völlig skrupellos agieren“ sagte er und betonte, das Ergebnis der Übernahme mit legalen Mitteln erreicht zu haben. Ich habe Herrn Weng gebeten, über die Geschichte der Artnet AG ein Buch zu schreiben. Aus Gründen der Kapitalmarkt-Hygiene hier noch der wesentliche Inhalt meiner Rede, die ich öffentlich festhalten möchte. * * * Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, in Anbetracht der neuen Mehrheitsverhältnisse muss ich davon ausgehen, dass das heute die letzte Präsenzveranstaltung ist, die die Artnet AG für ihre Aktionäre abhalten wird. Eine kommende Hauptversammlung wird ja noch über den Squeeze-Out beschliessen müssen. Aber angesichts der Tatsache, dass heute erneut die Ermächtigung zur virtuellen Hauptversammlung auf der Tagesordnung steht, ist davon auszugehen, dass diese kommende, allerletzte Hauptversammlung dann nur im virtuellen Raum stattfinden wird. Wir als DSW lehnen das natürlich kategorisch ab und werden deshalb gegen den Tagesordnungspunkt 6 stimmen und daraus folgend, Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung verweigern. Die Gesellschaft hat ja bereits zwei Mal versucht, sich eine neue Ermächtigung zur virtuellen Hauptversammlung zu holen und ist damit am Votum des Aktionärs Weng Fine Art AG gescheitert. Es ist prinzipiell nachvollziehbar, dass das nun unter den neuen Mehrheitsverhältnissen erneut auf der Tagesordnung steht. Ich darf aber daran erinnern, dass der aktienrechtliche Squeeze-Out, der auf der kommenden Hauptversammlung beschlossen werden wird, eine Enteignung ist. Es ist eine Enteignung der Minderheitsaktionäre, die sich dem Übernahmeangebot aus welchen Gründen auch immer, nicht angeschlossen haben. Und es ist ihr gutes Recht, sich dem nicht anzuschliessen. Es ist eine Enteignung, die gesetzlich erlaubt ist, für die es eine Abfindung gibt, aber es bleibt trotzdem eine Enteignung. Und darüber sollte nicht im virtuellen Raum debattiert werden - wo sowieso kein Raum für einen direkten Austausch besteht - sondern hier. Diejenigen, die diese Enteigung durchziehen wollen, sollten den Minderheitsaktionären, die an ihrem Miteigentum am Unternehmen festhalten wollen, direkt gegenübertreten müssen und sich nicht vor ihnen verstecken dürfen. Ich fordere den Vorstand und Aufsichtsrat daher auf, den Tagesordnungspunkt 6 zu streichen. Was die Tagesordnungspunkte 2 und 3 betrifft, also die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, muss ich anmerken: Wenn ich den Verlauf der letzten Hauptversammlung vom Februar rekapituliere, dieses Schmierentheater, das hier aufgeführt wurde, dann muss ich heute Vorstand und Aufsichtsrat auf jeden Fall die Entlastung verweigern. Sie sind für die Irreführung der Aktionäre im Vorfeld der damaligen Hauptversammlung verantwortlich. Mit ihrem damaligen Vorschlag zur Neubesetzung des Aufsichtsrats haben Sie den Anschein erweckt, man hätte mit dem Aktionär Weng Fine Art AG eine Einigung erzielt. Doch auf der Hauptversammlung wurde dann ein ganz anderes, offenbar präzise geplantes Schauspiel aufgeführt und über dieses Schauspiel dann hinterher noch die Unwahrheit verbreitet. Ich will das hier und heute nicht nacherzählen, was damals alles passiert ist. Aber auf folgenden Sachverhalt muss ich schon nochmal eingehen: In der damaligen Einladung zur Hauptversammlung hiess es unter TOP5, ich zitiere: „Der Aufsichtsrat schlägt vor, folgende Personen zu Mitgliedern des Aufsichtsrats der Gesellschaft zu wählen…“ und es werden die Personen genannt, unter anderem Herr Weng als Vertreter ihres damaligen Großaktionärs Weng Fine Art AG. Und dann heisst es in ihrer Unternehmensmitteilung nach der Hauptversammlung, ich zitiere: „Herr Weng hat die von der Gesellschaft vorgeschlagene und öffentlich kommunizierte Einigung zur Aufsichtsratswahl völlig unverständlich nicht eingehalten.“ Über diese Einigung zur Aufsichtsratswahl, über diese Liste von Kandidaten wurde aber auf der Hauptversammlung gar nicht abgestimmt. Während die Versammlung lief, kam der Artnet President, Herr Bill Fine ans Mikrofon und zauberte eine ganz neue Kandidatenliste ohne Herrn Weng aus dem Hut, die dann bei der Abstimmung eine Mehrheit bekommen hat. Und natürlich hat Herr Weng dann dagegengestimmt und auch die Kapitalerhöhung wieder blockiert nachdem man ihn ausgebootet hat, das ist ja vollkommen klar. Meine Frage ist also hier: Was ist denn diese Einigung, die Herr Weng angeblich nicht eingehalten hat?**** Darauf möchte ich eine Antwort. Aus heutiger Sicht mag das alles egal sein, die Weng Fine Art hat ihre Aktien verkauft. Aber mir ist es nicht egal und im Sinne der Aktienmarkt-Hygiene dürfen solche Vorkommnisse nicht unter den Tisch fallen, sondern müssen aufgeklärt und dokumentiert werden. In der damaligen Unternehmensnachricht hiess es weiter „Die Versammlung verlief zeitweise turbulent, da ein Aktionär oder einige Aktionäre versuchten, ihre persönlichen Interessen mit Hilfe von professionellen Störenfrieden durchzusetzen.“ Also ich habe nur einen Störenfried gesehen, der mir auch von Hauptversammlungen seit 25 Jahren bekannt ist. Was der hier mit seinem Auftritt, für den ich auch den Versammlungsleiter mitverantwortlich machen muss, bezweckt hat und für wen er letztlich aktiv war, weiss ich nicht. Aus ihrer Meldung vom 1. März liest es sich jedenfalls so, als würden Sie Herrn Weng dafür verantwortlich machen wollen, ohne ihn zu nennen. Ich sehe jedenfalls als einzigen Profiteur dieses damaligen Auftritts die Familie Neuendorf und damit die Artnet AG selbst. Ich bitte Sie uns darüber aufzuklären, ob mein Eindruck richtig ist, machen Sie Herrn Weng dafür verantwortlich oder haben sie Erkenntnisse darüber, wer sonst Herrn K. beauftragt haben könnte? Ich habe jedenfalls in meinem Leben hunderte Hauptversammlungen besucht und kann sagen: Was Ende Februar hier aufgeführt wurde, gehört mit Sicherheit in die Top 10 meiner Erlebnisse und mit Top 10 meine ich die Liste sortiert nach den Schlimmsten. Der Höhepunkt dieser überaus bizarren Veranstaltung war natürlich der damalige Auftritt des Investors, der ein Übernahmeangebot ankündigte. Das war für Personen wie mich, die sich ein bisschen mit den Regeln am Kapitalmarkt auskennen, schon sehr ungewöhnlich, um es mal vorsichtig zu formulieren. Und letztlich in der Sache auch vollkommen unglaubwürdig, was man an der unmittelbaren Aktienkursentwicklung ablesen konnte, die negativ bis neutral war. Es kam dann bekanntlich anders. Die meisten Aktionäre werden gedacht haben: zum Glück! Und es ist nach der langjährigen, schlechten bis stark wechselhaften Unternehmensentwicklung auch ihr gutes Recht, dieses Angebot anzunehmen. Für Freude bleibt trotzdem wenig Raum. Wer in der Anfangszeit bei Artnet zu vielleicht 50 Euro eingestiegen ist, hat nach 25 Jahren fast 80% seines Einsatzes verloren, wer das Geld einfach im DAX angelegt hat, hätte sein Geld fast verfünffacht. Über die Gründe der langjährigen schlechten Entwicklung dieses Unternehmens ist auf den Hauptversammlungen der vergangen Jahre und Jahrzehnte sicherlich viel gefragt und gesagt worden. Hauptverantwortlich dafür war natürlich die Fam. Neuendorf höchstselbst, das ist klar. Diese vielen Millionen, die hier über die Jahre mit überhöhten Vorstandsvergütungen, Beratungsdienstleistungen usw. aus dem Unternehmen geflossen sind, haben das Aktionärsvermögen ganz erheblich geschmälert. Ohne die Blockadehaltung der Fam. Neuendorf hätte das Unternehmen vielleicht vor Jahren schon einen anderen, besseren Weg einschlagen können und die jetzige Übernahme wäre nicht notwendig gewesen. Aus Sicht der gebeutelten Minderheitsaktionäre ist es natürlich schade, dass dieses Verhalten mit dem großzügigen Übernahmeangebot an die Fam. Neuendorf sogar noch belohnt wurde. Was trotz Übernahme noch weitergeht, solange das Unternehmen noch an der Börse ist, sind die in Teilen unsinnigen und irreführenden Unternehmensnachrichten. Am 5. August hiess u.a., ich zitiere „Das Management der Artnet AG unterstützt das öffentliche Übernahmeangebot von Beowolff Capital ausdrücklich und erwartet durch das geplante Delisting eine nachhaltige Stärkung der langfristigen Unternehmensstrategie“. Das ist natürlich absoluter Quatsch, ein Delisting stärkt keine Unternehmensstrategie. Wenn ein Delisting Teil einer Unternehmensstrategie ist, dann verhöhnt dieses Unternehmen damit letztlich seine Minderheitsaktionäre, seine Miteigentümer die hier vielleicht seit Jahrzehnten dabeigewesen sind und durchgehalten haben. Sei es aus Liebe zur Branche, Gewinninteresse oder anderen Erwägungen. Aber das sie, liebe Vertreter der Artnet AG mit ihren Miteigentümern auf Kriegsfuss stehen und Aktionärsrechte mit Füßen treten, haben die letzten Jahre ja nur allzu deutlich gezeigt. Auch ihre Nachricht zu den Halbjahreszahlen 2025 ist ja im Grunde grober Unfug. Man kann nicht von „Stabilisierung des Geschäfts“ reden, wenn der Umsatz um 12% zurückgeht. Wenn der Umsatz fünf Mal um stabile 12% zurückgeht, ist die Hälfte des Umsatzes weg. Also so geht das einfach nicht. Es wird jedenfalls deutlich: Die Übernahme durch Beowolff Capital scheint für die Artnet die einzig verbliebene Alternative gewesen zu sein, ansonsten wären hier wohl in diesem oder dem kommenden Jahr die Lichter ausgegangen. Und das darf und soll natürlich nicht sein. Zum Schluss bleibt mir nur noch, dem Unternehmen unter neuer Eigentümerschaft alles Gute zu wünschen. Ich weiß aus Gesprächen mit Bekannten und Freunden, die dem Kunstmarkt näher stehen als ich, dass sie ein gutes und begehrtes Produkt haben. Und die Mitarbeiter ihres Unternehmens, die ihre Lebenszeit für Artnet zur Verfügung stellten, haben es verdient, dass sie ihre Arbeit fortsetzen dürfen. Viele Aktionäre die lange dabei waren, da bin ich mir sicher, hätten sich einen anderes Ergebnis gewünscht. Jedes Unternehmen, dass unter diesen Umständen die Börse verlässt, ist eines zu viel.
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October 12, 2025 at 2:23 PM
LLMs bei der Analyse von Jahresabschlüssen
**Das Problem** Im vergangenen Jahr habe ich 39 Hauptversammlungen besucht, in diesem Jahr bisher 29 - als Sprecher für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, DSW und aus privatem Vergnügen. Zur Vorbereitung muss ich die Geschäftsberichte dieser Gesellschaften studieren. Hinzu kommen etliche, die ich aus Anlegerperspektive lesen will. Seit einigen Jahren gibt es die sogenannten LLMs, die KI-Modelle, die uns hier unterstützen und die Arbeit erleichtern sollen. Wer liest als Investor schon gern 100 Geschäftsberichte, um am Ende aus diesem Stapel vielleicht gar kein interessantes Unternehmen herausfiltern zu können? Zack, 100 Dateien in ChatGPT geladen, ein paar kluge Fragen zu Geschäftszahlen und Problemen dazugeben und schon habe ich in Minutenschnelle eine Vorauswahl getroffen. Midjourney: ein roboter steht vor einer schulklasse an einer tafel. auf der tafel steht das wort “FEHLER”. bei dem wort sind alle vokale eingekreist. der roboter zeigt mit einem stock auf das wort an der tafel. Vor jeder Hauptversammlung lade ich den Jahresabschluss in eines der bekannten LLMs und stelle meine Standardfragen, u.a. „Welche Probleme sind aus dem Dokument erkennbar?“. Oberflächlich betrachtet sind die Ergebnisse zu diesen Fragen gut. Leider finden sich aber beim Durchlesen des Dokuments dann immer mal wieder Vorfälle, die die KI einfach unter den Tisch fallen lässt. Nach meiner Erfahrung: je dicker das Dokument, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass der KI etwas Wichtiges durch die Lappen geht. Ich möchte das an einem besonders gravierenden Beispiel verdeutlichen, das ich näher untersucht habe. **Der Test** Der Jahresabschluss der aap implantate AG zum Geschäftsjahr 2023 enthält einen Versagungsvermerk des Abschlussprüfers. Ein solcher Vermerk wird erteilt, wenn der Jahresabschluss insgesamt oder wichtige Teile davon gravierende Mängel aufweisen und keine positive Gesamtaussage über die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses getroffen werden kann. Als ich das in Vorbereitung auf die Hauptversammlung ChatGPT vorgelegt habe, hat die KI dieses schwerwiegende Problem nicht gefunden. Das war im Januar diesen Jahres. Mittlerweile sind acht Monate vergangen, alle KI-Modelle haben sich weiterentwickelt und ich habe den Test wiederholt. Diesmal habe ich zwei weitere Jahresabschlüsse mit Versagungsvermerk des Abschlussprüfers hinzugezogen: den Jahresabschluss von 2020 der Schnigge Capital Markets SE und den Jahresabschluss von 2023 der pferdewetten.de AG. * * * In der ersten Testrunde habe ich Perplexity Pro, ChatGPT-5, Claude Sonnet 4 und Gemini 2.5 Pro die drei Dokumente zusammen vorgelegt und nach Gemeinsamkeiten gefragt: _Wir haben hier drei Jahresabschl üsse drei verschiedener Unternehmen. Was haben alle drei Dokumente inhaltlich gemeinsam? Ich meine den tatsächlichen Inhalt und nicht Aufbau oder Struktur der Dokumente._ Auszug aus der Antwort von ChatGPT: … _In allen drei Dossiers ist ein Abschlusspr üferteil enthalten; zwei Berichte enthalten ausdrücklich einen Versagungsvermerk bzw. die Nichtabgabe eines Prüfungsurteils mit Begründung …_ Erstaunlich. Meine Nachfrage dazu lautete: _Du sagst: ”In allen drei Dossiers ist ein Abschlussprüferteil enthalten; zwei Berichte enthalten ausdrücklich einen Versagungsvermerk” - prüfe diesen Sachverhalt bitte nochmal genau nach._ Die Antwort, die ich empfehle, 2x zu lesen: _Ja, es gibt in allen drei Dossiers einen Abschnitt bzw. Teil zum Abschlusspr üfer; ein echter Versagungsvermerk findet sich jedoch bei zwei der drei Berichte, nämlich bei pferdewetten.de AG 2023 und bei SCHNIGGE Capital Markets SE 2020, während der aap-Bericht 2023 ebenfalls einen Versagungsvermerk enthält und damit sogar alle drei einen Versagungsvermerk aufweisen; die frühere Aussage, nur zwei enthielten einen Versagungsvermerk, war zu konservativ._ Sonnet listet die Versagungsvermerke überhaupt nicht als gemeinsames Problem aller drei Jahresabschlüsse auf. Gemini gibt an, nur die Jahresabschlüsse von Pferdewetten und Schnigge habe diese Gemeinsamkeit. Auf meine Nachfrage, warum der Versagungsvermerk bei der aap implantate nicht selbst erkannt wurde, bekomme ich die erstaunlich offene Antwort: _Bei den Jahresabschl üssen der SCHNIGGE Capital Markets SE und der pferdewetten.de AG wird der “Versagungsvermerk” sehr prominent bereits auf der Titelseite bzw. im Inhaltsverzeichnis erwähnt. Dadurch war dieser kritische Punkt sofort ersichtlich. Im Dokument der aap Implantate AG ist der Versagungsvermerk hingegen nicht auf der Titelseite oder im vorderen Teil des Berichts zu finden._ Mit anderen Worten: Die KI gibt zu, schlampig und oberflächlich zu arbeiten. Aber das kann ich auch. Wozu brauche ich dann noch die KI? Perplexity versucht, sich mit seiner Antwort besonders drollig herauszuwinden: _Pr üfvermerk: Mindestens zwei der drei Unternehmen haben einen Versagungsvermerk vom Wirtschaftsprüfer erhalten._ Ob “mindestens zwei” bedeuten könne, dass auch alle drei Jahresabschlüsse einen Versagungsvermerk haben? Auf meine Nachfrage bestätigt Perplexity, dass das tatsächlich der Fall ist. Na dann. * * * Üblicherweise ist es so, dass sich in Jahresabschlüssen das Testat, der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers auf den letzten Seiten des Dokuments befindet. Die nochmalige Einzelanalyse des Jahresabschlusses der aap implantate AG ergab, dass das ein Problem ist. Das Dokument enthält 129 Seiten, der Versagungsvermerk beginnt auf Seite 119. Die Aufgabe: _Ich m öchte mich auf die Hauptversammlung des Unternehmens vorbereiten. Bitte identifiziere alle wichtigen Probleme und liste sie mir kurz auf, sortiert nach Wichtigkeit._ mit dem beigefügten Jahresabschluss führt zu dem Ergebnis, dass sowohl GPT-5 als auch Gemini 2.5 Pro den Versagungsvermerk nicht als Problem aufführen. Manipuliere ich das PDF und verschiebe den Versagungsvermerk hinter das Titelblatt auf Seite 2 erkennt ihn jede KI zuverlässig. Zufall? Es gibt Untersuchungen zu dem Thema: Gemäß dem sogenannten Primacy Bias bevorzugen LLMs Informationen, die ihnen zuerst präsentiert werden. **Und noch ein anderer Test** Ich wollte wissen, an welchen Gesellschaften die Deutsche Wohnen mit weniger als 94,9% beteiligt ist. Eine ganz einfache Aufgabe, denn gegen Ende des Geschäftsberichts der Deutsche Wohnen SE findet sich eine mehrseitige Liste zu dem Thema. Was ist so schwer daran, diese Liste durchzugehen, nach meinem gewünschten Kriterium zu filtern und mir das Ergebnis auszugeben? Offenbar alles. Perplexity, Gemini 2.5 Pro und GPT-5 geben mir eine Liste von vielen Gesellschaften, an denen die DW mit genau 94,9% beteiligt ist. Als ob sie “weniger als” nicht verstehen. Die meisten Gesellschaften auf die mein Filterkriterium zutrifft, fehlen. Sonnet 4 liefert die Ergebnisse wie gewünscht. Alles super mit Sonnet 4? Leider nein. Die Frage nach dem EBITDA beantwortet die KI mit einer Zahl, die aber das Adjusted EBITDA ist. GPT-5, Perplexity und Gemini 2.5 Pro geben mir das Adjusted EBITDA korrekt bezeichnet aus und auf Nachfrage erhalte ich die Antwort, dass es kein unbereinigtes EBITDA gibt, da der Konzern diese Kennzahl nicht ausweist. Richtig. Ich denke, ich muss nicht weiter erklären, wie problematisch das bei der Recherche ist, wenn solche an sich simplen Fehler passieren. **Fazit** Die Analyse zeigt systematische Schwächen aller getesteten KI-Modelle bei der Analyse komplexer Finanzdokumente. Für professionelle Finanzanalysen bleibt menschliche Kontrolle unverzichtbar. Grundsätzlich muss man wohl den Hype um KI sehr, sehr kritisch sehen. Es besteht die Gefahr, dass große Teile der Investitionen der vergangenen und kommenden Jahre, die im vierstelligen Milliardenbereich liegen und durch schnellen technischen Fortschritt einem zügigen Wertverlust unterliegen, verloren sind. * * * **Epilog** Ich habe Perplexity gebeten, meinen Text auf Fehler zu kontrollieren. Neben richtigen Hinweisen zur Rechtschreibung kam als Antwort: _“ GPT-5” → Aktuell gibt es noch kein GPT-5; vermutlich meinen Sie GPT-4o oder o1._
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October 10, 2025 at 2:23 PM
Börse am Mittwoch
Liebe treue Leser, die Urlaubszeit und der Schlendrian ist vorbei. Im Urlaub habe ich mal wieder festgestellt: ich wäre gerne Analyst. Ich könnte jeden Tag irgendwas behaupten, es gäbe keine Konsequenzen und ich würde vermutlich fürstlich dafür bezahlt. Ein Analyst der Deutschen Bank behauptete beispielsweise vor einem Jahr: “Tesla is an emerging leader in autonomous driving (robotaxi).” Jeder, der die Entwicklungen in dem Bereich tatsächlich verfolgt hat, musste das als dummdreiste Lüge zurückweisen. Kein Irrtum, schlicht gelogen. In China wurden derweil die ersten selbstschiessenden, autonomen Polizeiautos vorgestellt. Kein Witz, leider. Urlaubsfoto aus Basel. Ja, da hängen zwei Bären. Um wieder langsam auf Betriebstemperatur zu kommen, habe ich heute für die DSW die virtuelle Hauptversammlung der Deutsche Effecten- und Wechsel-Beteiligungsgesellschaft (DEWB) AG besucht. Ihr kennt diese Gesellschaft nicht? Dann könnt ihr euch glücklich schätzen. Nach 25 Jahren Börse stehen hier 99,5% Verlust zu Buche. Da die Hauptversammlungen der DEWB verständlicherweise nur noch sehr wenige Teilnehmer haben, gebe ich hier einen Auszug aus meiner heutigen Rede zum Besten: “Ich schaue mir im Jahr ungefähr hundert Geschäftsberichte an. Da sehe ich viel Interessantes, Ärgerliches, Trauriges, Aufregendes. Aber wenn die Börse ein großer Rummelplatz ist, dann ist die DEWB die Geisterbahn. Eine Geisterbahn, die schon lange entgleist ist, die aber jedes Jahr im Geschäftsbericht behauptet, dass sie weiter fröhlich ihre Runden dreht und die Kinder glücklich macht.” Ihr wollt das hier nicht? Dann kommt im nächsten Jahr zur DEWB-HV. Auf der Rückfahrt aus dem Urlaub habe ich in der **Sonntags-FAZ** einen Artikel über H&M gelesen. Trotz mauer Ergebnisse kauft die Gründerfamilie seit einiger Zeit systematisch die Aktie auf und hat ihren Anteil auf über 70% des Grundkapitals und 85% der Stimmrechte erhöht. “In Schweden pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die Entwicklung läuft darauf hinaus, dass das Unternehmen in recht genau absehbarer Zeit wieder von der Börse verschwindet.” Bei weiteren Käufen im selben Tempo würde es noch ungefähr fünf Jahre bis zum Erreichen der Squeeze Out-Schwelle von 90% dauern. Eine Hinzunahme von Privat Equity-Investoren könnte den Prozess beschleunigen. Stellt euch vor, ihr steht zu Beginn des neuen Milleniums vor der Wahl, eine von zwei angebotenen Aktien zu kaufen: Entweder ein Unternehmen mit riesigem Ego, schicken Computern und einer hyperaktiven Fangemeinde, oder ein Einzelhandelsunternehmen, das sich “Tractor Supply” nennt. Heutiger Total Return mit Apple: 29.700%. Mit Tractor Supply: 37.600%. **Barron ’s** schrieb letzte Woche: “Boring Beats Magnificent”. Die neue Ausgabe von **Capital** schreibt unter dem Titel “Twin Pieks” (diese Anspielung auf eine 35 Jahre alte Fernsehserie versteht wohl kaum noch jemand) über das sehr erfolgreiche Wirken der Gebrüder Strüngmann im Pharma- und Biotechnologiebereich, die mit ihren Investments zu Milliardären geworden sind. Mit Durachemie und Hexal machten sie gleich zwei Generikahersteller groß, mit BioNTech gelang Ihnen ihr Meisterstück. Nun sind sie u.a. bei Formycon investiert. Auch wenn ich die Branche sonst wegen absolutem Unwissen meinerseits meide, habe ich mich hier mit einer kleinen Position engagiert. Außerdem schreibt das Heft über Unternehmen, die erfolgreich nach der Methode von Berkshire Hathaway arbeiten. Das wären: Chapters Group, 3i Group, KKR & Co., Danaher, Partners Group, Constellation Software, Sofina, MBB, Prosus, Investor AB, Lagercrantz, Fairfax Financial, Eurazeo, BB Biotech, Exor. Eine Aktie aus dieser Liste habe ich im Portfolio. Wer sie als Erster richtig errät, bekommt den Gegenwert einer Aktie an einen gemeinnützigen Zweck seiner Wahl geschenkt. Morgen besuche ich die Hauptversammlung der Arzneiwerk Vida AG. Ihr kennt die nicht? Keine Sorge, niemand tut das. Früher war das Unternehmen unter dem Namen Teles AG bekannt und verkaufte ISDN-Karten. Als man 2023 überrascht feststellte, dass seit 15 Jahren niemand mehr ISDN-Karten braucht, änderte das Unternehmen seinen Geschäftszweck in den Medikamenten-Arbitragehandel. Der Umsatz fiel im vergangenen Jahr um 84%. Ich bin schon auf die nächste Geschäftsidee gespannt und kann nicht ausschliessen, mich bald mit einem Redeauszug von der Hauptversammlung zu melden. Und noch eine wichtige Weisheit ganz zum Schluss: Demzufolge werde ich meinen Preis für den Substack in Kürze erhöhen müssen. Tschüss, bis Sonntag!
dirkhagemann.substack.com
September 15, 2025 at 1:17 PM
ALBA SE
Auf dem Weg zum Squeeze Out?
dirkhagemann.substack.com
July 16, 2025 at 12:25 PM